Brasilien 2017, Bergland Zentralbrasilien und Rio

 

Probleme:

Überziehung der Aufenthaltsgenehmigung in Brasilien mit Straferhöhung. Mehr dazu am Ende des Berichts.

Kardanwelle vorne Doppelgelenk gebrochen

 

Eigene Erfahrung:

Hügeliges Mittelgebirge, relativ gute Straßen, Menschen ok. in der Chapada Diamantina tolle Wandermöglichkeiten, sicher. in den Versorgungsstädten in Minas Gerais nicht sicher, die Barockstädte schon. Hatte viel regnerisches und nebeliges Wetter. Von Belo Horizonte bis an die Küste Richtung Rio wird der Diesel durch die Bank um 7-10 % teurer.

Rio sicherer als gedacht, nur des Nachts sollte man nicht draußen rumlaufen. Ich bin tagsüber über 100 Kilometer durch Rio gelaufen, unter tags viel Polizeipräsenz, hab mich nicht wirklich unsicher gefühlt. Aufpassen muss man jedoch trotzdem. Es ist kein Freifahrtschein.

 

Reiseroute:

Salvador - Chapada Diamantina (Lencois, Vale de Capao Mucuge, Cachoeira Buracao - Vitoria Conquista- Aracuai - Stadt Diamantina - Belo Horizonte - Congonhas Carandai -Tiradentes - Sao Joao del Rey - Entre Rios do Minas - Ouro Preto - Mariana - Ponte Nova - Muriae - Leopodina - Novo Freiburgo - Lumiar - Casimeiro - Rio das Ostras (Küste) - Rio de Janeiro - Campinas - Londrina - Maringa - Foz de Iguazu - Grenze nach Paraguay Ciudad del Este - Hohenau

 

 

Reisezeitraum:

16. November bis 22. Dezember

 

Reisebericht:

 

Die Zeit in Salvador de Bahia näherte sich dem Ende, zum Abschluss lud mich Andreas noch zu einem netten Abend ein, seinen Vater, Unternehmer und früheren deutscher Konsul in Salvador de Bahia, kennenzulernen. Wolfgang ist 86 Jahre alt, aber fit wie ein Turnschuh. Der Caipirinha floss in Strömen, genauso, wie die Geschichten aus früheren Zeiten.

 

Am nächsten Tag hieß es dann wieder einmal Abschied nehmen. Der Besuch bei Cristian und seiner Familie war wirklich toll und der Abschied fiel sehr schwer. So schön das Reisen auch ist, die schlimmsten Momente sind immer die des Abschieds, der leider immer so sicher kommt, wie das Amen im Gebet, aber Reisen bedeutet nun mal immer weiter, immer weiter.

 

Die 400 Kilometer zu meinem nächsten Hot Spot waren schnell gefahren und spätnachmittags erreichte ich die Kleinstadt Lencois, die als Tor zum Nationalpark Chapada Diamantina gilt.

Ich fand einen schattigen Camping, und erkundete nach kurzem Regenguss ein bisschen die nähere Umgebung des Ortes und die Altstadt selbst. Die Landschaft hat sich im Gegensatz zur Küste komplett verändert, ich befand mich auf knapp 1000 Meter Höhe, es ist kühler, das Gebirge hält die Wolken, es regnet häufig. Das niedergegangene Wasser muss anschließend irgendwo hin – also runter – und tut das in vielen, zum Teil spektakulären Wasserfällen.

Den ersten finde ich gleich hinter der Stadt, den Serrano. Weit gefächert, und oft durch unterirdische Kanäle, die immer wieder durch Öffnungen mit der Außenwelt verbunden sind, fließt das Wasser nach unten.

 

Am Serrano sitzt ein brasilianisches Mädel an einem Wasserloch, spielt Gitarre und verleiht dem Ganzen einen netten Anblick. Von hier wandere ich einem kleinen Weg entlang und treffe nach einer halben Stunde auf den Wasserfall Chachoeirinha. Hier fällt das Wasser etwas höher und es kann darunter gebadet werden. In dem schwülen Wetter eine willkommene Abwechslung. Am Ende des Weges klettere ich am Primavera herum, der durch den Regen der letzten Tage gut mit Wasser gefüllt ist und rauschend in die Schlucht donnert.

Ich klettere nach oben und genieße den Ausblick über die Chapada und laufe auf einem anderen Weg zurück zum Ausgangspunkt am Serrano, folge diesem auf der gegenüberliegenden Seit hinunter bis zur Stadt.

Auf dem Weg nach Nord –Westen erhebt sic der Morro do Pai Inacio. Man kann relativ weit hinauffahren, nach der Bezahlung eines kleinen Eintritts stand ich 30 Minuten später oben auf dem platten Tafelberg und genoss den Rundumblick.

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Einige Kilometer nördlich der Hauptstraße finden sich Grotten und Höhlen. Pratinha und Gruta Azul können im Doppelpack besucht werden. Erstere besticht durch den Kontrast von fast weißen Felsen mit hellblauem, extrem klarem Wasser und intensiv grünen Seerosen, die Gruta Azul liegt tiefer in der Erde, nur durch eine steile Treppe erreichbar. Auch hier ist das Wasser extrem klar und darf nicht betreten werden, um die alten Mikroorganismen nicht zu beeinflussen. Im Sommer, bei passendem Sonnenstand um die Mittagszeit sollen die dann einfallenden Sonnenstrahlen die Grotte in ein ganz besonderes Licht tauchen, dafür war ich leider schon ein Monat zu spät dran.

 

Von den umliegenden Höhlen suchte ich mir die Lapa Doze aus. Diese ist spektakulär aber aufgrund der sich über mehrere Kilometer erstreckenden Wanderung unter Tage doch nur spärlich besucht. Von den bisher 48 erforschten Höhlenkilometern können etwa 5 Kilometer in einer begleiteten Tour besucht werden. Es gibt kein Licht in der Höhle, man darf daher nicht alleine gehen. Der Führer erklärt mir viele Details zu den Jahrtausende alten Figuren, die durch stete Mineralablagerung aus Milliarden Wassertropfen entstanden sind. Ich hatte meinen Guide alleine und er ließ mir genug Zeit um zahlreiche Langzeitbelichtungen durchzuführen.

Im Nordwesten der Chapada liegt ein spektakuläres Tal, das Vale do Capao. Mein Freund Andreas aus Salvador besitzt hier ein Sommerhaus. Ich legte meinen Besuch auf das Wochenende um ihn nochmals zu treffen.

Es ist gemütlich hier, ich verbrachte entspannte Tage in seinem Haus, das von unzähligen Blumen umgeben ist.

Wir spazierten über den lokalen Markt, tranken kaltes Bier in einer typischen Eckkneipe fuhren zusammen zum Wasserfall Dos Gatos. Nach einem kleinen Rundgang besuchten wir ein Restaurant, dessen Besitzer Andreas gut kennt. Hier wird gekocht mit Palmherzen und dem Inneren der Jackfrucht. Er setzt auch eigene Schnäpse an aus Wurzeln und Kräutern der Umgebung. Die haben es in sich. Er freute sich so, dass wir hier waren, und stellte uns reihenweise die Probiergläser auf den Tisch. Zeit zum Ausruhen.

 

Nach dem Wochenende erkundete ich das Ende des Tales, mit den Wasserfällen Angelica , Purificacao und Riachinho. Wer Lust hat, kann von hier aus um Wasserfall Fumaca gehen, dieser ist mir 380 Metern Höhe der Höchste in der Chapada, die Wanderung ist jedoch sehr anstrengend.

Über eine kleine Piste hinten rum erkundtee ich weitere Bereiche der Chapada und landete in Mucuge. In dem kleinen, netten Ort gibt es einen sehenswerten Friedhof im maurischen Stil. In der Umgebung des Ortes befand sich früher die Hochburg der Diamantenschürfer. In abenteuerlichen Gängen gruben sie sich unter die Felsen auf der Suche nach den funkelnden, teuren Steinen. Zu Beginn sehr erfolgreiche Diamantenfunde lösten einen großen Boom aus, der jedoch wieder abebbte, nachdem in Afrika weitaus ertragreichere Minen eröffnet wurden. Geblieben ist ein kleines Diamantenmuseum in dem auch einige alte Schleifmaschinen ausgestellt sind. Von hier war es nicht weit zu weiteren Wasserfällen, dem Piabinha und dem Tiburtino. Am Eingang zur Wanderung können in der Ausstellung Sempre Viva seltene Trockenblumen besichtigt werden. Wie auch auf vielen anderen Wasserfällen der Chapada Diamantina ist das Wasser durch Eisenoxid tiefrot gefärbt und geht im tieferen Wasser in ein dunkles Schwarz über. Diese Farbkombinationen haben mich eindrücklich begeistert.

Im Süden gönnte ich mir noch ein absolutes Sahnestück unter den hiesigen Wasserfällen, den Chachoiera Buracao. Das Wasser endet nach knapp 100 Metern freiem Fall in einer engen Schlucht durch die geklettert oder geschwommen werden muss. Geil, was soll ich sonst sagen, die Bilder sprechen für sich. Im oberen Zulauf befinden sich noch mehrere namenlose Fälle. Auch hier darf nur mit Guide gegangen werden, aus scherheitstechnischen Gründen. Diese privaten, in Ibicoara zu buchenden Guide Touren sind nicht billig (knapp 40 Dollar), aber ich kann sie allen Fotografie Interessierten nur empfehlen, da Gruppentouren keine Zeit für Stativfotos lassen.

 

Laut meinem Fotocheck wären in der Chapada weiter folgende Wasserfälle sehenswert:

Invernada, Bom Jardim, Roncadeira, Encantada ,Fumacinha, Ramalho

Höhlen: Grunta da Fumaca, Torrinha, Poco Encantado, Poco Azul bei Igatu,

Das Vale do Pati.

Alle diese Örtlichkeiten sind nur in mehrstündigen Wanderungen erreichbar, der Besuch hängt auch von der Jahreszeit und den Wasserständen ab. Wer sich hier fotografisch intensiver beschäftigen möchte, der kann hier locker 6-8 Wochen verbringen.

 

Da ich ja schön langsam an das Ende meiner Reise dachte und noch einen langen Weg bis zum Schiff in Montevideo vor mir hatte, hatte ich mich in erster Linie auf die kürzeren, schnelleren Wanderungen konzentriert. Für mich ist diese Gegend definitiv eines der Top 5 in Brasilien.

Nach dem Wasserfallkoller fuhr ich im Inland weiter Richtung Süden, entlang der Estrada Real zu den Barockstädten der Provinz Minas Gerais.

Aufpassen in der Stadt Vitoria da Conquista, ich traf hier auf einem Fahrradreisenden, dem wurden das Bike und all seine Ausrüstung gestohlen, am helllichten Tag mit Pistole abgenommen.

 

Auf den bergigen Straßen nach Minas herrschte dichter LKW Verkehr, die mit 2 Hängern und bis zu 80 Tonnen Gesamtgewicht mit 30 Km/h die bis zu 1400 m hohen Passstraßen hinaufkrochen. Jedoch scheint es hier ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, schnellerem Verkehr problemlos Platz zu machen. Die LKW fahren immer unaufgefordert hinaus auf dem Pannenstreifen um den schnelleren Verkehr in der Mitte durchzulassen. Praktisch eine Rettungsgasse für die Eiligen. Teilweise waren die LKW hoch aufgeladen und die Säcke perfekt gestapelt. Die Rasthöfe waren meist bewacht, eingezäunt und mit Schattendächern ausgestattet.

Die Stadt Diamantina hat mich sogleich entzückt. Saubere, alte Häuser ziehen sich über den ganzen Bergrücken, einige Oldtimer passen gut ins Bild. 14 Kirchen zählt die 50000 Einwohner Stadt. Das Leben ist gemächlich, das Wetter trocken und angenehm. Kühle Nächte erleichterten das Schlafen ungemein. Was hatte ich gelitten im Norden, das scheint hier kein Problem mehr darzustellen.

 

Der Aufstieg und Reichtum Diamantinas begründete sich in den Diamantenfunden der Chapada um 1730, versiegte aber um 1870 wieder, die Stadt führte anschließend ein beschauliches Dasein. Deshalb ist die Altstadt sehr gut erhalten und erhielt den UNESCO Status Weltwerbe.

Eine weitere UNESCO Welterbe Stätte befindet sich in der Stadt Congonhas. Die Basilika Heiligtum des guten Herrn Jesus. Von 1758 bis 1772 dauerte die Errichtung des Komplexes. Unterhalb der Basilika wurden eine Freitreppe und 7 Kreuzwegkapellen errichtet. Die Figuren auf der Treppe und in den Kapellen wurden von dem brasilianischen Künstler Aleijandinho gefertigt, die Mimik der Kreuzwegfiguren hatte er karikaturhaft, die ihn geißelnden Römer kleinwüchsig dargestellt. Die überlebensgroßen Propheten auf der Freitreppe sollen Botschaften verkünden und sind aus Speckstein gehauen. Die Kirche durfte innen nicht fotografiert werden. Der Altar und die Gemälde sind außergewöhnlich.

Bei meinem Besuch der Nachbarstädte Tiradentes (hat mir sehr gut gefallen, sehr gemütlich und überschaubar, viel Kunsthandwerk) und Sao Jao do Rey drehte sich das Wetter wieder einmal und es begann eine tagelange Regenphase. Ich konnte in den Regenpausen zwar einige Rundgänge absolvieren, aber da auch mein Camping nicht besonders zu einem Langzeitaufenthalt einlud, weil ich dort knöcheltief im Wasser stand und auch der Schweizer Besitzer seine Krankheit jeden Tag im Vollrausch ersoff, hielt es mich nicht sehr lange, bevor ich mich auf den Weg nach Ouro Preto machte.

In Ouro Preto war das Wetter leider nicht viel besser, eher sogar schlimmer, die Berge um die Stadt sowie die höheren Stadtteile waren meist in dichten Nebel gehüllt, der Himmel hatte große Weinkrämpfe wie es schien. Die steilen Straßen der Stadt verwandelten sich immer wieder in Sturzbäche und das rutschige Pflaster war fast nicht zu begehen.

Nach langer Zeit nahm ich mir wieder einmal ein Hotelzimmer. Zentrumsnah gelegen, unter der Kirche San Francisco wartete ich 3 Tage auf besseres Wetter. Das mochte sich aber nur ganz langsam einstellen, meine ersten Spaziergänge waren feucht und durchwachsen. Zumindest gab es gute und günstige Buffetrestaurants. Hier bezahlt man nach Kilo. Ich saß viel in Kaffeehäusern, beobachtete die vorbeilaufenden Menschen, mal eine Candomble Prozession, mal ein paar Musiker.

Einen Tag sollte ich schließlich doch mit Sonnenschein gesegnet sein, der Wettergott zeigte sich gnädig. Mehrfach lief ich die steilen Straßen auf und ab, ich war statt von Regen von Schweiß durchnässt. Die Stadt ist beeindruckend und gehört für mich mit Olinda und Diamantina zu den schönsten Städten, die ich in Brasilien besichtigt hatte.

 

Der Name Ouro Preto heißt so viel wie schwarzes Gold. Das hier gefundene Gold war durch Eisenoxidverunreinigungen leicht schwarz verfärbt. 1698 wurde in der Gegend eine sehr ergiebige Goldader entdeckt, zahlreiche Schürfer ließen sich in den umliegenden Dörfern nieder. Bis 1711 wuchsen diese zusammen und wurden zur Stadt ernannt. Zwischen 1730 und 1760 erreichte die Förderung seinen Höhepunkt, jedes Jahr wurden ca. 11 Tonnen reines Gold abgebaut, riesige Steuereinnahmen schufen eine pompöse Stadt. Am Höhepunkt des Goldrausches, zum Ende des 18. Jahrhunderts, hatte Ouro Preto ca. 100.000 Einwohner und war damals die größte und reichste Stadt in der Neuen Welt. Von 1700 bis 1820 wurden ca. 1200 Tonnen Gold gefördert, 80 % der damaligen Weltproduktion. Der Rest von Brasilien hatte aber nichts von dem Reichtum, da alles nach Portugal abgeführt wurde. Portugal benötigte zu dieser Zeit militärische Hilfe, die sie gegen Gold von England erhielt. Historiker sind der Meinung, dass damit die industrielle Revolution in England finanziert wurde.

Die Besichtigung der ebenfalls historischen Nachbarstadt Mariana ließ ich durch den weiter anhaltenden Regen aus und fuhr via Leopodina und Novo Freiburgo einigermaßen zügig hinunter an die Küste.

Dort klarte es auf und es erwartete mich die Costa del Sol. Ganz außen auf der Halbinsel am Strand von Pontal do Atalaia sind noch idyllische Buchten mit glasklarem Wasser zu finden, ich fand hier nochmal ein bisschen Entspannung, bevor ich in den riesigen Stadtmoloch Rio de Janeiro eintauchte.


Rio de Janeiro. Jeder der den Namen dieser Stadt hört, der hat sofort das Bild des Zuckerhutes, der Jesusstatute, einer schokoladenbraunen, spärlich bekleideten Sambatänzerin und des berühmten Stadtstrandes Copacabana vor Augen.

 

Rio hat aber noch viel mehr zu bieten, ist andererseits aber auch eine Hochburg der Kriminalität und die größten Bereiche der Stadt werden von den Favelas - Armenvierteln - eingenommen. Eine Stadt der Kontraste, wie sie größer nicht sein könnten. Rio war immer schon Wunschtraum und ich war gespannt, was mich dort erwarten würde. Ich fuhr auch mit etwas Bauchweh in diese Stadt, weil ich nach meinem Überfallversuch in Salvador doch ein bisschen ein flaues Gefühl hatte. Wie in den meisten großen Städten ist Campen auch hier schwierig. Auch wegen der Sicherheit wollte ich lieber hinter einem Zaun stehen und deshalb suchte die die Tage vorher alle möglichen Internetbuchungsseiten ab nach Unterkünften mit Parkplatz, der hoch genug für meinen Landy sein sollte. Ich fand ein bezahlbares Hostel etwas außerhalb des historischen Zentrums. Der Landy stand dort gut und die erste Last war damit abgefallen. Meinen ersten Rundgang unternahm ich ohne Kameraausrüstung, ich wollte erst mal ein Gefühl für die Stadt bekommen.

Dieses Gefühl entpuppte sich anschließend besser als erwartet. Jeder hatte mich vor Rio gewarnt, ich fühle mich jedoch hier entspannter als zb. in Salvador und auch den meisten anderen halbverfallenen Großstätten an der nördlichen Küste.

 

In der Altstadt finden sich noch einige historische Gebäude, auch der alte Hafen liegt gleich um die Ecke, 2 Kreuzfahrtschiffe lagen am Pier vertäut. Vor kurzem wurde gleich nebenan der futuristische Bau des Museums des Morgens eröffnet, im Hafen befinden sich auch ein paar militärische Anlagen. Zurück in den Häuserschluchten lief ich an der Kirche Candelaria vorbei. Hier wurde vor Jahren ein Massaker an Straßenkindern verübt, die an der Kirche lebten. Zahlreiche Kinder im Teenageralter ließen dabei ihr Leben. Eines der überlebenden Kinder überfiel Jahre später einen Bus und nahm Geiseln, er wollte auch auf die ausweglose Situation der Armen aufmerksam machen. In dem Film „Last Stop 174“ wird diese Geschichte aufgearbeitet.

Banken, Plätze, Theater wechseln sich ab, auf dem Weg ins Finanzzentrum bleibt eines im Straßenbild immer gleich, in den Hauseingängen, Gehsteigen und Grünflächen leben tausende Obdachlose. Sie betteln und gehen sicher auch anderen Geschäften nach, die meisten wirken jedoch friedlich und ich fühlte mich nicht unsicher.

Wie ein Vulkankegel erhebt sich der Beton- und Glasbau der Cathedral Metropolitana in die Skyline, sie wirkt von innen wesentlich einladender als von außen.

Ich wage mich auch an ein paar Nachtaufnahmen, bis 8, halb 9 sollte es keine Probleme geben, versichern mir Einheimische, dann macht die Polizei Feierabend und die Straßen leeren sich . Spätestens jetzt sollte man auch einpacken, denn dann folgt die Stadt anderen Gesetzen.

Im Laufe der folgenden Tage lief ich alle wichtigen Stadtteile zu Fuß ab, insgesamt bin ich an die 100 Km zu Fuß gegangen in Rio, ohne Probleme. Alle 100 Meter stehen einige Polizisten rum, die Menschen wirken tranquillo. Vom Zentrum spazierte ich entlang des Hafens, des Jachthafens bis nach Botafogo und weiter zum Zuckerhut, der kleine Strand Praia Vermelha links des Zuckerhutes gefiel mir gut.

Copacabana wirkt für einen Stadtstrand sauber und gepflegt, es ist viel los, allerdings gibt es keinen Schatten. Immer wieder hört man, hier am Strand präsentieren sich die schönsten Mädchen, die trainiertesten Jungs heißt es immer wieder, es waren schon einige zu sehen, jedoch kämpft auch hier das Groß der Besucher mit den Folgen von Coca Cola und Fastfood. Am Ende von Copacabana liegt ein altes Fort, das besichtigt werden kann. Ist sehenswert, mit den größten Kanonen, die ich bisher gesehen hatte.

Der Strand von Ipanema, der sich gleich daran anschließt gefiel mir fast besser als Copacabana, auch die Wasserqualität schaut besser aus. Auch hier war viel los, alle 100 Meter gibt es eine Strandbar.

Ich hatte auch das Glück mich in Rio mit Jörg zu treffen, einem Freund aus der Heimat, der seit einiger Zeit temporär in Rio lebt. Wir hatten uns über 5 Jahre nicht gesehen.

 

Allen Fleischliebhabern kann ich die Churrascaria Palace in Copacabana empfehlen, ist sehr teuer, aber ich schätze die Fleischqualität dort unter den Top 5 auf meiner Südamerikareise ein. 21 verschiedene Cuts und ein frisches und hochwertiges Salatbuffet mit Sushi und Käse.

Das Beste in Rio sind aber nicht die Strände, das Beste ist der Blick von Oben. Am Zuckerhut genoss ich den Sonnenuntergang, die Dämmerung legte sich über die Stadt und die Lichter gingen an. Hier oben ist man weit weg von den Problemen und dem Schmutz der Stadt. Sie wirkt friedlich und grün, die Hügel und Granitfelsen erheben sich majestätisch zwischen den Hochhäusern und dem Meer. Im Hintergrund erkennt man die riesige Jesusstatue auf dem Corcovado.

Den nahm ich mir am Folgetag vor. Auch hier wollte ich zum Sonnenuntergang bleiben, wurde aber schon am Eingang zur Zahnradbahn enttäuscht als ich die Öffnungszeiten las – bis 18Uhr. Das Personal sagte mir, das sei aus Sicherheitsgründen. Kann man nichts machen. Der Blick war schön, die Jesusstatue riesig. Wahnsinn war der riesige Menschenandrang für Fotos mit Jesus. Isomatten waren auf dem Boden ausgelegt, auf die sich der Fotograf hin legen konnte um im steilen Winkel nach oben sein „Fotomodel“ mit der Statue besser auf das Bild zu bringen.

Ich dachte als erstes an Felix Baumgartner, der mit dem Fallschirm auf den Arm kletterte um von dort oben herunterzuspringen. Das hätt ich gerne live gesehen.

Zwischendurch brauchte auch der Landy eine kleine Pflege, meine Kardanwelle schepperte und es stellte sich heraus, dass das Doppelgelenk wieder mal kaputt war. Von Cristiano bekam ich die Adresse von Aita, einem Mechaniker, der sich auf Landys spezialisiert hatte. Dort erfuhr ich, dass das Doppelgelenk irreparabel ausgeschlagen und beschädigt sei, sie schnitten sie ab und bauten sie zu einer Eingelenk-Weitwinkelwelle um. Leider stellte sich bei der abschließenden Probefahrt heraus, dass sie zwischen 45 und 60 km/h vibrierte, also Unwucht war. Aufgrund eines Problems, das ich am Ende des Berichts genauer beschreibe, hatte ich aber keine Zeit mehr es zu reklamieren.

Rio ist eine sehr grüne Stadt, zwischen den Morros (so werden die Granitfelsen genannt) eingebettet liegt der botanische Garten. Stundenlang kann man hier spazieren gehen, am eindrücklichsten waren für mich das Orchideenhaus und die Palmenallee.

Auch wenn man kein großer Fußballfan ist, sollte man einen Besuch des Macarana -Stadion in Betracht ziehen. Einst fast 200000 Besucher fassend, als eines der größten Fußballstadien der Welt wurde es zur Fußballweltmeisterschaft 2014 komplett renoviert und auf Sitzplätze umgebaut. Das Stadion fasst heute knapp 80000 Zuschauer. In einer Tour kann man das Stadion besuchen, inclusive der Spielerbereiche.

2 Wochen verbrachte ich in der Stadt, der beste Blick ist zwar von Oben, aber es gibt genug zu erleben, Rio hat mich positiv überrascht. Mein Plan war es anschließend nach Joinville und Florianópolis zu fahren, um dort Weihnachten und Neujahr mit Freunden zu verbringen. Ich hatte dort einige Freunde seit meiner ersten Südbrasilien Tour 2013, sowie hätte ich einige Landroverklubs besuchen sollen, von denen ich im September auf dem Landrovertreffen Einladungen erhalten hatte. Doch daraus wurde leider nichts, das zerlief von einem Moment auf den anderen, als ich von anderen Overlandfreunden die Info bekam, das Brasilien die Strafhöhen für Überziehen der Aufenthaltsgenehmigung vor kurzem extrem erhöht hatte.

 

Lag diese Strafe bei 8,3 Real pro Tag (etwas über 2 Euro) und maximaler Summe von ca. 220 Euro so wurde diese im Dezember 2017 auf 100 Real (ca. 27 Euro) erhöht. Maximale Summe ca. 2700 Euro.

Da ich wusste, das frühere Brasilienbesuche per Computer zusammengerechnet werden und das zählt, was der Computer ausspuckt (Das mir der Einreisebeamte weitere 90 Tage in den Pass stempelte bei meiner 2. Einreise 2017 zählt nicht), musste ich davon ausgehen, dass ich mittlerweile knapp 2 Monate überzogen hatte und die Strafe statt 120 Euro jetzt ungefähr bei 1700 Euro liegen sollte. Schöne Bescherung 4 Tage vor Weihnachten! Ich überlegte, was ich tun sollte, bleiben und auf Glück hoffen oder doch gleich ausreisen.

Ich hörte, dass die Strafe meist bei Ausreise ausgestellt wird und erst bei Wiedereinreise kassiert wird, meine Freunde mussten jedoch gleich bei Ausreise bezahlen. Guter Rat war teuer. Wie es der Zufall so will, hatte ich 3 Tage zuvor in Rio meine Schiffskabine für die Heimfahrt von Montevideo aus gebucht und bezahlt, dieses Schiff soll noch 2 Mal in Brasilien anlegen. Grimaldi bestätigte mir, das, auch wenn ich an Bord des Schiffes bleibe, die Einfahrt in den Hafen als offizielle Einreise gilt, somit dort dann auch meine Strafe zu bezahlen sei. Stornieren konnte ich jetzt auch nicht mehr, da ich dann dort Geld verlieren würde.

 

Ich beschloss sofort auszureisen um die Strafe nicht weiter in die Höhe zu treiben. Erst wollte ich nach Argentinien bei Iguazu ausreisen, beschloss aber während der Fahrt - Eintönige Fahrten durch langweilige Landschaften bieten immer die beste Gedankenmühle -, die Grenze nach Paraguay zu nehmen, da von Foz de Iguazu nach Ciudad del Este erfahrungsgemäß doch ein höherer Level an Chaos herrscht, das mir ev. positiv zugutekommen könnte.

Die 1500 Kilometer von Rio nach Foz de Iguazu brachte ich in 2 Tagen hinter mich, wobei ich am ersten Tag einen neuen Rekord aufstellte und fast 1100 Kilometer abspulte. Am 2. Tag nach dem Grenzübertritt fuhr ich noch die 200 Kilometer bis nach Hohenau zu meinen Luxemburger Freunden, bei denen ich schon mehrfach zu Gast gewesen bin.

 

Der Grenzübertritt selbst verlief sehr gut, ich erwischte einen Grenzbeamten, der sehr gut Englisch sprach, was die Kommunikation wesentlich erleichterte. Er wolle mir helfen versicherte er mir, da er auch verwundert war, über die starke Erhöhung. Ich diskutierte mit ihm, erstens: wie kann mir ein Einreisebeamter weitere 90 Tage stempeln, wenn ich die gar nicht mehr zur Verfügung hätte, und 2.:Wenn mir bei Einreise jemand ein Gesetzt mit den 8 Real pro Tag vermittelt, dann könne man eine Änderung den eingereisten Reisenden ja nicht mehr vermitteln, also müssten diese nach dem alten Gesetz bestraft werden und die neue Strafhöhe dürfte erst exekutiert werden, bei allen Reisenden, die NACH der Einführung der neuen Gesetze einreisen und somit über diese Aktualisierung informiert würden. Dies wäre halt meine Logik. Er stimmte mir zu und erklärte mir seine Idee.

 

Er sagte mir, er würde mich nicht ausstempeln, ich müsse allerdings dafür sorgen, dass ich das Fahrzeug bei seinem Kollegen ausstempeln und mich anschließend bei der paraguayischen Migration einstempeln lassen müsste ohne eben einen brasilianischen Ausreisestempel im Pass zu haben. Im Normalfall wird dies kontrolliert.

Meine Entscheidung diese Grenze zu nehmen war glücklich, ich konnte tatsächlich alle Kontrollstellen durchlaufen ohne den eigentlich notwendigen Ausreisestempel in meinem Pass zu haben. Es war vielleicht auch praktisch, zur Mittagszeit an der Grenze aufzutauchen, da um diese Zeit alle Hunger hatten und nicht sehr motiviert wirkten.

Resultat wäre laut dem Beamten, dass ich später auf dem Schiff maximal bestraft werden könnte, weil ich praktisch illegal ausgereist wäre. Wenn ich mit dem Schiff in Brasilien anlege, dann wäre ich eigentlich noch gar nicht ausgereist, die Stempel meiner anschließend besuchten Länder sagen ja aus, das ich draußen war - somit illegal ausgereist bin. Darauf steht auch eine Strafe, die allerdings insgesamt nur ca. 27 Euro entsprechen und die Überziehung dabei nicht berücksichtigt werden würde.

 

Da dies eine interne Info war, war der Grenzbeamte nicht bereit mir entsprechendes Gesetz auszudrucken oder abfotografieren zu lassen, weil er mir diese Info eigentlich nicht zugänglich machen dürfte, erklärte er mir. Somit habe ich doch eine kleine Unsicherheit, was dann tatsächlich passieren wird. Nach meiner Ankunft in Europa gibt es ein Update in dieser Sache. Bin schon gespannt.

 

Ich wünsche euch allen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2018

Schaut auch nächstes Jahr wieder rein.

 

Alle Fotos in Google Fotos