Patagonien im Herbst / Chile
Probleme:
Ölverlust am Verteilergetriebe, ausgeschlagene Buchse der li hi Längsstrebe Hinterachse, Simmering am vorderen Differenzial undicht. Wechsel notwendig.
Reiseroute:
Coyhaique – Puerto Tranquillo – Caleta Tortel – Puerto Yungay – Villa o Higgins – Paso Mayer – Ruta Glaciar Montt – Puerto Yungay – Ferry to Puerto Natales via Puerto Eden – Puerto Natales – Punta Arenas – Monte Aymond (Grenze Chile - Argentinien)
Reiszeitraum:
12. April bis 13. Mai 2017
Reisebericht:
Rot, Orange und Gelb leuchtete der Großteil der Bäume, teilweise sahen die Berge aus, wie wenn sie brennen würden, der Herbst hatte Einzug gehalten im Süden des Kontinents. Die vorherrschende Baumart ist eine Südbuchenart, je weiter die Berghänge hinauf, desto roter leuchten die Blätter. Ich konnte mich gar nicht sattsehen, ich hatte mich direkt verliebt in diese Farbenpracht. Langsam und gemütlich zuckelte ich über die Carretera Austral weiter gen Süden, mit unzähligen Stopps um diese Farbenpracht in Bilder zu bannen. Ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. Via Puerto Tranqillo umrundete ich langsam zum wiederholten Male den Lago General Carrera, um anschließend dem Türkis leuchtenden Rio Baker zu folgen bis Caleta Tortel.
Der Herbst entpuppte sich als meine liebste Zeit in Patagonien. Zum Ersten bietet sich mit der schon erwähnten Farbenpracht eine gänzlich spektakuläre Ansicht, zugleich überraschte mich diese Jahreszeit mit einem, für Patagonien sehr angenehmen und stabilen Wetter. Viel Sonne und wenig Regen, dazu fast kein Wind. Perfekt.
Nach den kühlen bis kalten Nächten lagen mir Nebel befüllte Täler zu Füßen, die Seen lagen windstill und ruhig, die dahinterliegenden Berge spiegelten sich in dem glasklaren Wasser. Verzaubernd.
2 Kilometer außerhalb des malerischen Ortes Caleta Tortel bezog ich mein Camp direkt am Ufer des Rio Baker. Umgeben von steil aufragenden Bergen.
Caleta Tortel war schon damals bei meinem ersten Besuch einer meiner Lieblingsplätze des Südens.
Ruhig liegt der langgezogene Ort am Ufer eines Fjordes, das Meer zieht sich hier weit ins Inland, im Westen zerfurcht sich die Landschaft in tausende Inseln.
Es war kalt, überall stiegen kleine Rauchsäulen aus den Kaminen, der Morgen war mucksmäuschenstill, meine Schritte hallten über die hölzernen Stege, die die einzigen Verbindungen des Ortes sind, kein Auto, das die Stille störte, es gibt keine Straßen in Caleta Tortel. Schön langsam erwachte der Ort, die Sonne ließ sich erst um 9 Uhr morgens blicken, gemächlich schlurften ein paar Männer zu den taunassen Stegen und begannen mit der Arbeit. Wintervorbereitungen. Überall an den Stegen lag Holz, antransportiert von gemütlich dahintuckernden Booten, musste dieses über unzählige steile Treppen bis hinauf zu den Häusern in den Hügeln getragen werden. Ab und an war eine Motorsäge zu hören, mit der die Holzstücke zerkleinert wurden. Am großen Pier warteten schöne gerade Baumstämme auf eine Fähre, die das Holz für den Möbelbau nach Puerto Natales mitnehmen sollte. Holz ist nach dem Fischfang das 2. große Standbein des lokalen Einkommens.
Ein paar Rucksackreisende aus Argentinien überredeten mich, bei der Bootsfahrt zur Isla de los Muertos mitzufahren, es fehlte ihnen ein Mann um den günstigen Preis pro Person auszuhandeln. Der Tag war schön, die Bootsfahrt gemütlich. Auf der Insel starben vor langer Zeit Seemänner, die Kreuze sind aber total überwachsen und fast nicht mehr zu erkennen. Es fanden dort gerade Filmaufnahmen statt für einen chilenischen Film „El hombre de la futura“.
Nach 2 Tagen trieb es mich weiter, durch atemberaubende Landschaften, über staubige Pässe wieder hinab in feuchte Täler, dessen Böden wie ein Schwamm mit Wasser vollgesogen sind, durchzogen von kleinen Wasserläufen und Seen. Egal, wohin der Blick schweift, überall tropft und rinnt Wasser, ein Wasserfall reiht sich an den anderen. Angekommen in der feuchtesten Region des Landes.
Doch der Wettergott war mir gnädig und der Himmel blieb trocken. Nach einem Foto am südlichsten Endpunkt der Carretera Austral bezog ich mein Nachtlager in einem kleinen Camping im Ort, eine heiße Dusche ist manchmal dem Baden im kalten See doch immer wieder mal ganz angenehm.
F
Paso Meyer, immer wieder geistert dieser Pass durch die Diskussionen Reisender, ist die Überquerung nach Argentinien möglich oder nicht? Generell ist der südliche Streckenabschnitt der Carretera eine mehrere hundert Kilometer lange Sackgasse und oft ist es mühsam, die je nach Saison manchmal sehr üble Wellblechpiste ein zweites Mal zu überwinden, hinauf bis zum Paso Roballo oder bis Chile Chico, den nächstgelegenen Übergängen ins Nachbarland. Der Paso Meyer wäre perfekt, würden hier nicht 20 Kilometer Straße auf argentinischer Seite fehlen, die nie fertiggestellt wurden.
Die Fahrt hinauf zum vorhandenen Grenzposten kann ich als eine der spektakulärsten Fahrten des Südens bezeichnen. Zumindest im Herbst, die Farbenpracht stahl allem vorhergehenden die Schau. Und kein Mensch weit und breit. Oben am Grenzposten angekommen, kam ich mit den Beamten ins Gespräch, wird wohl noch Jahre dauern, bis die Argentinier die Straße fertigstellen, Interesse sei jedenfalls da. Prinzipiell sei es möglich, die 20 Kilometer mit einem Allrad zu überwinden, es hängt vom Wasserstand des Flusses ab, der mehrmals durchquert werden muss, und man sollte als eine Gruppe von zumindest 2 Fahrzeugen zur gegenseitigen Unterstützung fahren, alleine riet er mir ab davon. Tja, kein anderer da zum Mitfahren, ich ließ davon ab.
Mein Nachtcamp schlug ich daraufhin am Lago Christie auf, einem echten Kleinod. Toller See, mit Wasserfall. Ich traf dort 2 Motorradfahrer aus den USA und aus Dänemark, die standen die letzten 4 Tage hier oben und wollten gar nicht mehr weg.
Ich eigentlich auch nicht, aber ich musste dann doch zur Fähre zurück, denn ich wollte die zweite Alternative nutzen, die sich seit etwa einem Jahr anbot um die Sackgasse zu umgehen. Die Fähre von Puerto Yungay nach Puerto Natales. Die fährt einmal in der Woche.
Just an einem der schönen Wasserfälle sprang der Tacho des Landy auf 20000 Kilometer. Perfektes Jubiläumsfoto. Knapp 90000 Kilometer davon lief der Landy bisher auf diesem großartigen Kontinent.
Kurz vor der Fähre viel mir ein riesengroßes neues Schild auf, auf dem stand: „Glaciar Montt 64 km“. Fand ich interessant, denn normalerweise ist der Gletscher nur per Boot erreichbar. Ich folgte dem Abzweiger bis zu einer Flussfähre, die nicht in Betrieb war und einem umgestürzten Baum auf einem Umgebungsweg. Nach der Hälfte der Strecke war Endstation. Mit dem Fahrer eines entgegenkommenden Bau-LKW des chilenischen Militärs kam ich ins Gespräch. Er erzählte mir, das die Straße im Bau sei, in 4 Jahren wollen sie am Gletscher sein, das sei aber nur der erste Bauabschnitt, Chile will ein ehrgeiziges Projekt verwirklichen und den südlichsten Teil des Landes, der auf dem Landweg bisher nur via Argentinien zu erreichen ist, an eine eigene Straße anzuschließen. Bisher ist dies an dem Südpatagonischem Eisfeld und den riesigen Gletscherzungen gescheitert, die per Straße nicht zu überwinden sind. In diesem riesigen Bauvorhaben soll dennoch da wo es möglich ist, eine Straße gebaut werden und die 9 fahrtechnisch nicht überbrückbarenTeilstücke – die Gletscher – per Fähre umfahren werden. Das Projekt soll bis 2030 verwirklicht werden. An 2 Abschnitten wird bisher gebaut.
Von Rio Bravo kehrte ich dann via der lokalen Fähre zurück nach Puerto Yungay um auf die große Fähre zu warten. Neues Schiff, gut ausgestattet, hellblau leuchtend lag es an der Rampe. In der Nebensaison warteten wenige Autos auf die Mitfahrt, Holz als Fracht dominierte. Das Personen Ticket musste ich in Caleta Tortel kaufen, im Sommer ist eine Reservierung empfohlen.
350 Euro kostete mich das Ticket für mich und für den Landy um in zwei Tagen die 1200 Kilometer bis nach Puerto Natales zurückzulegen. Ich finde den Preis ok, da der Umweg über Argentinien auch ganz schön was an Benzingeld verfrisst. Die Crew ist sehr freundlich und hilfsbereit, die Verpflegung an Bord war reichlich und essbar, wenn auch kein kulinarisches Erlebnis. Ob es bloß eine Fährfahrt oder ob es eine Erlebnisfahrt wird, das hängt vor allem vom Wetter ab. Wenn die Wolken aufreißen, dann geben sie einen Blick frei auf spektakuläre, steile, von unzähligen wasserfalldurchzogenen Berghängen, mit Glück lassen sich Schnee und Eis bedeckte Berge erblicken. Immer wieder wurden wir von Delfinen begleitet, die freudig aus dem Wasser sprangen. Einmal tauchte sogar ein Wal neben uns auf und blies eine Fontäne ab, leider war die Kamera zu langsam um dieses Erlebnis festzuhalten.
Auf halber Strecke machten wir halt in einem kleinen Fischer Außenposten auf der Isla Wellington, in Puerto Eden. 180 Menschen leben hier auf der regenreichsten Insel Chiles, bis zu 8000 mm Regen fällt hier pro Jahr, Gummistiefel und Regenjacke sind die wichtigsten Kleidungsstücke. Den Menschen hier scheint das Nass nichts auszumachen. Einige davon sind die letzten Nachkommen der Kaweskar Indianer, 8 Familien gibt es noch, mit wettergegerbtem Gesicht stehen sie am Steuer kleiner Fischerboote, die Haupt Einnahmequelle neben dem Holzschlägern. Touristen verirren sich bis dato wenige hierher, erst seit die Fähre von Yungay nach Natales regelmäßig hier Halt macht, eilen ein paar alte Damen mit selbstgekochtem und einigen selbsthergestellten Handwerks-Souveniers an den Pier um in den 2 Stunden Aufenthalt ein bisschen was zu verkaufen. Der Ort dient auch als Außenposten der Nationalparkverwaltung und des Militärs. Sie machen sicher die Hälfte der Bevölkerung aus.
Viele Häuser sind bunt gestrichen, als Abwechslung und Aufheiterung zu den 320 trüben Regentagen hier. Man muss es hier aushalten können, ohne Depressionen.
In Puerto Natales konnte ich mich wieder versorgen und mich vorbereiten auf einen längeren Besuch des Torres del Paine Nationalpark.
Über eine Woche hielt mich der Park in seinem Bann, trotz des, diesmal nicht ganz so gutem Wetter. Jeden Tag Regen, dazu blies der Wind oft stürmisch. Die Verwendung des Dachzeltes war nicht motivierend und ich zog es vor, im Landy, im Notbett zu nächtigen. In der Nacht fielen die Temperaturen regelmäßig in den Minus Bereich, die hohe Luftfeuchtigkeit machte es unangenehm. Dennoch war es eine Freude, diese raue Natur zu erleben. Torres del Paine, das steht für mich für die raue, patagonische Natur schlechthin, hier ist alle vereint. Farbenpracht, Flüsse, Wasserfälle, steile Berge, spektakulär. Und das Wetter, das ist hier genauso, wie man es in Patagonien erwartet.
Ich hatte viel gehört, über den Sommer, Januar und Februar, Touristenmassen, Autobusweise durch den Park gekarrt, jedes Jahr neue Rekorde in den Besucherzahlen, die mehrtägigen Wanderwege dürfen nur mehr mit Übernachtungsreservierungen begangen werden, wildes Camping sei praktisch nicht mehr möglich und die offiziellen Campings sind mittlerweile fast unbezahlbar.
Laut Guardaparque übersprangen dieses Jahr die Besucherzahlen in der Hauptsaison 2500 Besucher pro Tag.
Im April und Mai war davon nichts zu spüren, Ich stand bis auf eine Nacht irgendwo frei, meist auch von der Straße einsehbar, Niemand kam, kein Parkranger weit und breit. Die Besucherzahlen um diese Zeit sind ebenfalls minimal, ich denke, jeder, der abseits der Menschenmassen durch die Natur ziehen will, dem sei diese Jahreszeit zu empfehlen.
Nebenbei erwähnt, auch hier sind viele Bautätigkeiten im Gange, Gebäude werden gebaut, am Lago Grey entsteht ein privat finanziertes Stahl und Glas Gebäude, extrem modern, es soll zur nächsten Saison ein riesiges Cafe beherbergen ,und bis 2023 sollen die Straßen des Parks asphaltiert werden. Der Parkranger erzählte mir, die Verkehrszunahme sei extrem und die während der Fahrt aufgewirbelten Staubwolken lassen die nachfolgenden Fahrzeuge im Nebel versinken. Unfälle häufen sich etc. Und auch die Lärmbelastung ist ein Thema. Die Tiere mögen den Staub auch nicht besonders.
Nach Ushuaia wollte ich kein 2. Mal mehr fahren, deshalb war Punta Arenas als südlichster Punkt meiner zweiten Patagonien Runde auserkoren. Generell waren mir die Besuche der Nationalparks wichtig, denn die hatten mich vor 3 Jahren stark beeindruckt. In Punta Arenas lebt außerdem ein Freund von mir, da waren die 235 Kilometer von Puerto Natales nicht mehr weit.
Sergio habe ich 2014 kennengelernt und es war mir eine Freude, ein weiteres Mal beim ihm und seiner Familie zu Gast sein zu dürfen. Es hat sich viel getan bei ihm. Mittlerweile in Pension, hat er südlich der Stadt einen kleinen Campo gekauft, dort will er mit seiner Frau die Zeit verbringen, ein paar Cabanas errichten und vermieten. Das Haus in der Stadt hat sein Sohn übernommen und baut es gerade zu einem Hostal aus. Wir fahren zusammen hinaus zu seinem Campo und er zeigt mir alles. Als Dank für die vielen Stunden in seiner Küche mach ich mich auch an den Herd um ihnen eine österreichische Spezialität zu bereiten, Rindsgulasch mit Serviettenknödel.
Natürlich, wie soll es auch anders sein, benötigte auch der Landy wieder mal etwas Pflege, gut aufgehoben bei Victor stand der Tausch eines Simmerings am Differenzial und der Buchsen der hinteren Längsstreben an.
Die Spätnachmittage boten fast täglich tolles Licht zum Fotografieren. Die Sonne stand auch tagsüber tief und weit im Norden, Das Licht war zart und schön. Meine Lieblingsplätze sind die Costanera mit den alten verfallenen Piers, die mit schönen Graffitis bemalten Häuserfronten, der Friedhof und das Schiffswrack der Lord Londsdale, das 1899 gebaut, 1909 vor Port Stanley Feuer fing und seit 1942 hier am Strand liegt.
Viele Dank nochmal an Sergio für die schöne Zeit, die leider auch hier wieder einmal viel zu schnell vorbeiging.
Auf dem Weg zur chilenisch – argentinischen Grenze südlich von Rio Gallegos prägten immer wieder Gauchos mit Schafherden das Bild. Mit einer Handvoll Hunde treiben sie die Schafe alle paar Wochen entlang der deshalb sehr breit gehaltenen Seitenstreifen der Straßen zu neuen Weideflächen und im Frühjahr zu den Estancias zum Scheren der Wolle. Einsame, harte Männer mit wettergegerbten Gesichtern. Und manchmal lächelst sogar einer ganz freundlich.
Am Ufer der Magelanstraße findet sich die Estancia San Gregorio. Gegründet 1876 erlebte diese riesige Farm Anfang des 20. Jahrhunderts ihre Blüte und Hochzeit. Im Jahre 2000 erklärte Chile die verfallenen Überreste der Farm zum nationalen Monument.
Einige Kilometer weiter trotzen die verrosteten Überreste des Schiffswracks Amadeo den rauen Wellen, die unablässig an den Strand schlagen. Ein paar Jahre wird das Schiff wohl noch aufrecht am Strand stehen, bis das Wellen und Salz den Wiederstand der letzten Stahlstreben brechen.
Ein langer Abschnitt ging mit dem Grenzübertritt nach Rio Gallegos, Argentinien vorbei. 4 Jahre auf Reise in Südamerika, insgesamt mehr als ein Jahr davon in Chile. Chile hat sich irgendwie als das Lieblingsland meiner Reise auserkoren, mit seiner Vielseitigkeit und all den Freunden, die ich in diesem Land gewonnen habe. Doch meine Reiseroute wird von nun an in eine andere Richtung weiterführen für die letzten Monate auf diesem Kontinent. Bye Bye Chile. (Um es vorweg zu nehmen, für einige Tage sollte ich dann später doch nochmal ungeplant nach Santiago kommen, doch mehr davon im nächsten Reisebericht).