Paraguay, durch flaches Land
Probleme:
Rückfahrscheinwerfer ausgefallen - Schalter am Getriebe defekt und dazu Kabelbruch, Simmering eingang Differential undicht und ein Lager der Hinterachse ausgeschlagen, in Bolivien einen Tag mit Schwindelanfällen und 2 Tage mit Magen-Darm Problem
Reiseroute:
Posadas - Encarnacion - Hohenau - Pirapo - Obligado - Bellavista - Trinidad -Hohenau - Encarnacion - Hohenau - Encarnacion - Alto - Asuncion - Alto - Limpio - Nuevo Germania - Nationalpark Cerro Cora - Ponta Pora (Grenze Brasilien)
Puerto Sucre (Grenze Bolivien) - Mariscal Estigarribia - Filadelfia - Loma Plata - Filadelfia - Asuncion - Encarnacion - Hohenau - Bella Vista - Fähre nach Argentien
Reisezeitraum:
2. Juli bis 17. Juli 2017 und 15. August bis 22. August 2017
Reisebericht:
Zum 3. Mal überquerte ich im Juli die Grenze nach Paraguay, in erster Linie um gute Freunde zu besuchen und um in Asuncion ein paar notwendige Reparaturen durchführen zu lassen.
Es war Sonntagmittag 13 Uhr, die Verkehrslage ruhig auf der Grenzbrücke zwischen Posadas und Encarnacion, zumindest in Fahrtrichtung Paraguay. Ich parkte vor dem Zollgebäude um die Einreiseformalitäten zu erledigen, keiner da. Nach kurzer Sucherei fand ich die Beamten in einem kargen Hinterzimmer sitzen, ein großer Tisch in der Mitte, 2 Bänke, an der langen Wand reihten sich ein paar alte rostige Aktenschränke aneinander, an der kurzen Seite stand ein billiger hölzerner Schreibtisch mit einem Bild des Präsidenten hinterhalb an der nicht mehr so frisch-weißen Wand. Eine Sparlampe hing ohne Schirm direkt am Kabel von der Decke, es herrschte geschäftiges Treiben. Anders als man vermuten könnte, hatte dieses Treiben nichts mit Papierkram zu tun, sondern mit dem Verzehr eines großen Stückes gegrillter Rinderrippe – Mittagspause. Ein Beamter bat mich etwas zu warten, ein anderer fragte mich, ob ich schon mal Asado Paraguayo gegessen hätte. Nachdem ich verneinte, schnitt mir der Mann ein großes Fleischstück von der Rippe, reichte mir Salz dazu und lud mich ein mitzuessen. Das nahm ich doch freudig an. Sie fragten mich über meine Reise und über Österreich, es waren ganz nette Kerle. Mit fettigen Fingern stellte er mir anschließend das temporäre Einfuhrdokument für meinen Landy aus. Es sind oft solche Erlebnisse zwischen den Fotos, die eine Reise so spannend machen.
Eine Stunde später werde ich freudestrahlend von meinen Freunden in Hohenau empfangen. Ich verbrachte mehrere Tage bei ihnen im Haus, es gab viel zu erzählen.
Zusammen machten wir einige Ausflüge in die Nachbarschaft, besichtigten die Yerba Mate Fabrik von Yerba Pajarito, In Parguay sowie in den Nachbarländern werden mit Genuss Unmengen des meist bitteren Mate-Tee getrunken, hergestellt eben aus den Blättern des Mate-Strauches.
Wir gingen spazieren am Ufer des Rio Parana, besuchten das alte Sommerhaus des früheren paraguayischen Diktators Alfredo Stroessner, das sich auf einer kleinen Anhöhe über dem breiten, rotbrauen Fluss erhebt. Heute strahlt das Haus einen morbiden Charme aus, man kann sich aber gut vorstellen, dass das früher ein Haus zum Wohlfühlen gewesen war, grandiose Aussicht inclusive.
Abends überraschte ich die Familie mit einem luftigen und knusprig karamellisierten Kaiserschmarrn.
In Hohenau steht ein kleines Heimatmuseum das definitiv besuchenswert ist.
Da Gabi, Noemi und Simone genau wie ich, großen Wert auf gutes Essen legen, fuhren wir mehrmals in das nahe Encarnacion um gut zu speisen. Im Novo Rodeio ließen wir uns bei traditionellem Rodizio mit Fleisch vom Feinsten verwöhnen, alleine das Buffet dort hätte von seiner Auswahl her schon gereicht. Wenn dann der Magen schwer ist, hilft zur Auflockerung immer ein kleines Glas fruchtiger Caipirinha.
Auch ein exzellentes Sushi Restaurant besuchten wir. Paraiso en Paraguay.
Während meines Aufenthaltes in Hohenau legte ich mein zukünftiges Reiseziel fest, das brasilianische Pantanal, größtes Feucht- und Sumpfgebiet Südamerikas. Grün und voller Tiere. Auch passt die Reisezeit momentan am besten, Winter, trocken, nicht zu heiß, wenig Moskitos. Ein Highlight des Kontinents. Simone fragte mich, ob ich sie mitnehmen würde auf diese Runde. Dies war kein Problem, nur vorher musste ich noch nach Asuncion ein paar Reparaturen vornehmen zu lassen.
Etwas außerhalb von Asuncion bei Alto hat sich der Schweizer Rene mit seiner Frau eine schönes Refugium erschaffen, kleines Restaurant, ein paar Cabanas, schattige Stellplätze für Overlander unter riesigen, ausladenden Bäumen, mit Swimmingpool und einer eigenen hausgemachten Nudelproduktion. Bei den Overlandern ist er mittlerweile bekannt wie ein bunter Hund unter dem Namen „Nudel-Rene“. Seine Oase oberhalb der Hauptstadt kennt man unter dem Namen „Hasta la Pasta“. Ein Ort, den ich allen Reisenden unbedingt empfehlen kann, das Ambiente passt, die Küche ist großartig und die Nudeln ein Gedicht. Natürlich wurde ich für die weitere Reise mit einigen Paketen frisch hergestellter Nudeln versorgt. Lieber Rene, ich danke dir.
Asuncion, eine Stadt, in die ich mit gemischten Gefühlen zurückkehrte, war sie doch 2 Jahre zuvor Schauplatz einer meiner negativsten Erlebnisse auf diesem Kontinent, wo ich von korrupter Polizei verhaftet wurde um an Geld zu kommen. (Siehe 1. Runde Südamerika Bericht über Paraguay)
In diesem Jahr empfing mich die Stadt mit größter Freundlichkeit im Namen von Heino, einem Deutsch-Paraguayer, der meine Reise schon seit längerem auf Facebook verfolgt. Vor Tagen erreichte mich eine Mail von ihm, wenn ich nach Asu – wie die Stadt hier in Kurzform genannt wird – komme, würde er mich gerne in sein Haus einladen, ich könnte bleiben solange ich möchte, für den Landy gäbe es ebenfalls einen sicheren Stellplatz. Heino ist ebenfalls Offroad begeistert und fährt einen Mercedes 350 G.
Er wohnt mit seiner Mutter zentrumsnah in einem alten Kolonialstilhaus, farbig, inmitten eines grünen Gartens, gespickt mit alten Antiquitäten, hohen Decken und einem alten NSU Motorrad im Wohnzimmer stehend. So ein Haus hat Geschichte, das mag ich, die Geschichte wurde uns sehr ausführlich erzählt von seiner Mutter, die vor beinahe 90 Jahren in einer der unwirtlichsten Gegenden Südamerikas, im Chaco geboren wurde. Sie redet laut, leidet unter Schwerhörigkeit, ist aber geistig und körperlich so fit als wäre sie locker 25 Jahre jünger. Voller Inbrunst und Emotion erzählte sie uns vom Chaco Krieg, vom Aufwachsen bei den Mennoniten, von der Zeit in Deutschland und der Rückkehr nach Paraguay. Von den Dingen, die sich heute zum Schlechten geändert haben und vieles mehr. Wir verbrachten ein paar spannende Tage in diesem Haus.
Zwischendurch standen die Behebung ein paar kleinerer Probleme und Servicearbeiten auf der Agenda, der Landy verlangte nach ein bisschen Aufmerksamkeit, die er bei ACE Landrover zur Genüge bekam, ein paar Lager hatten Spiel, der Stecker der Rückfahrscheinwerfer war kaputt und ein Kabelbruch war zum Löten.
Weiteres war es wieder mal an der Zeit für eine Sensorreinigung der Nikon und mit meinem Laptop hatte ich ein Ladeproblem, der Stecker des Ladekabels war Laptopseitig gebrochen, das konnte ein PC Shop hier reparieren, in dem sie das Ladekabel fix an die Platine löteten. Südamerikanische Lösung eben, Hauptsache es funktioniert.
Diesmal konnte ich dann auch meine Sightseeingrunde der Stadt erfolgreich abschließen, nach der Polizeisache beim letzten Mal hatte ich da logischerweise keinen Bock mehr drauf. Das Zentrum von Asu ist überschaubar, es gibt wenig historische Gebäude. Eines der empfehlenswertesten ist der Besuch des alten Bahnhofs, der zu einem Museum umgestaltet wurde nebst einer Lokomotive und einigen Waggons.
Heino kennt auch einige gute Tipps für gutes Essen, deutsche Metzgereien und Bäckereien, die Schwarz und Körnerbrot verkaufen. Dinge, die einem manchmal fehlen auf so einer langen Reise.
Ein Besuch wert ist auch der Mercado 4, dort gibt es alles Mögliche und Unmögliche zu kaufen, so zb. Kleidung nach Kilopreis. Echt schräg.
Kulinarisch hat der Markt natürlich auch einiges zu bieten, sehr rustikal, aber lecker. Um mich zu überzeugen ließ mich der Koch bereitwillig in seine Küche und ich durfte ein bisschen in die Töpfe schauen.
Wie in den meisten Städten in Südamerika findet sich auch in Asu eine große Auswahl an gutem Grafitibildern an den Hauswänden. Immer wieder schön anzuschauen.
Jeder Deutsche und Schweizer, den ich im Land getroffen hatte, empfahl mir die Wurstwaren von Robert Aggensteiner, ansäßig in Limpio, nördlich von Asu. Er bietet seine Ware auch jeden Samstag am Markt in Alto an, unweit des Hasta la Pasta. Rene organisiert Ausflüge auf diesen Markt. Ich kaufte bei ihm Salami, Chilliwurst, Grammelschmalz und Speck. Die deutschen Einflüsse in Paraguay sind überall zu finden.
Auf unserer Route nach Norden kamen wir immer wieder an ehemaligen Auswandererdörfern vorbei, wie ds Nuevo Germania. Mercedes inclusive. Nach mehreren hundert Kilometern Fahrt durch meist flaches Landwirtschaftliches Gebiet erhoben sich plötzlich einige Monolith artige kleine Berge, die Landschaft wurde etwas abwechslungsreicher, wir erreichten den Nationalpark Cerro Cora. Übernachten am Parkrangerhaus war ohne Probleme möglich und wir durften eine Nachtwanderung durch den Wald unternehmen. Das war sehr spannend, da wir immer wieder durch Rascheln im Unterholz erschreckt wurden. Wir wussten ja nicht, welche Tiere sich hier herumtreiben.
Leider begann es in den Morgenstunden heftig zu regnen, wir warfen noch einen kurzen Blick in das hiesige Museum und fuhren dann an die brasilianische Grenze bei Ponta Pora.
Die Grenze verläuft hier mitten durch die Stadt, es gibt keine Grenzkontrolle im eigentlichen Sinn, ich musste mir die Büros zusammensuchen. Jedoch verlief die Abwicklung sehr rasch und wir waren Brasilianer.
Was wir in Brasilien und anschließend in Bolivien erlebt hatten, das erfährt im nächsten Reisebericht.
Da es in diesem Reisebericht über Paraguay geht, springe ich weiter zu unserer Rückkehr über die berüchtigte Trans-Chaco Route.
Ja, über die Trans-Chaco hatte ich schon viel gehört und ich bis heute die abenteuerlichen Bilder meiner Freunde Bea und Helmut vor meinen geistigen Augen, die die Strecke vor 2einhalb Jahren unter größten Anstrengungen mit dem Aufwand von mehreren Tagen durchfahren hatten. Link:
Die Ausdehnung des Chaco umfaßt einen großen Teil Paraguays, Nordargentiniens und die südlichen Teile des bolivianischen Flachlandes. Er setzt sich zusammen aus Dornbuschsavanne und Trockenwälder, im Sommer erreichen die Temperaturen mörderisches Niveau, können 50 Grad erreichen. Es leben kaum Großtiere zwischen den dornigen Büschen, dafür gibt es unzählige giftige Schlangen. Mehr über den Grand Chaco findet ihr hier:
Wir waren schon überrascht, dass die Anreise auf bolivianischer Seite so reibungslos verlief, bis auf ein ca. 15 km langes Teilstück waren die letzten 300 Kilometer bis zur Grenze praktisch durchasphaltiert.
Die Grenzkontrollen wurden mittlerweile auch von den naheliegenden Grenzstädten direkt an die Grenzstation im Nirgendwo zusammengelegt. Alles Aus- und Einreiseformalitäten können ab jetzt am selben Ort erledigt werden. Wir waren gespannt auf die paraguayische Seite. 250 Kilometer sind es von der Grenzkontrolle bis zur ersten Stadt, Mariscal Estigarribia.
2 volle Tage benötigten Bea und Helmut um die abenteuerliche Piste aus Lehm, Staub und Sand zu bewältigen. Sie mussten das auch im Sommer bei fast 50 Grad im Schatten durchstehen.
Jetzt ist Winterzeit, wir standen bei 29 Grad an der Grenze und anders als erwartet erstreckte sich ein Band von dunkelgrauem Asphalt bis zum Horizont. Perfekt asphaltiert, noch ganz ohne Schlaglöcher, nur die Straßenmarkierungen fehlten noch auf dem Großteil der erst kürzlich fertiggestellten Fahrbahn. Schon nach dreieinhalb Stunden erreichten wir Mariscal. Tja, wieder eine Abenteuerroute weniger.
Simone, die für längere Zeit im Chaco gearbeitet hatte, führte mich durch Loma Plata und Filadelfia, die beiden größten Mennonitenorte im Chaco, wir besichtigten das Heimatmuseum in Filadelfia, in dem die Geschichte der Flucht aus der Ukraine bis Paraguay sehr detailliert erklärt wird, wir bekamen eine deutschsprachige Führung durch die ehemalige Schule. Angeschlossen daran sind auch ein schöner Garten und eine Ausstellung ausgestopfter Tiere der Region. Das regnerisch-kühle Wetter um 18 Grad ließ uns aber relativ rasch weiterziehen um via Asuncion zurück nach Hohenau zu fahren.
In Asuncion durften wir nochmal Station machen bei Heino, ich bedanke mich bei ihm nochmal für den schönen und netten Aufenthalt!
Nach unzähligen Kilometern schlechter Pisten in Bolivien waren nochmal ein Lager und ein Simmering zu tauschen und der Motorölwechsel war überfällig.
Zwischen Hohenau und Encarnation wartete noch ein mystischer Ort auf Besuch, der ein Kapitel der dunklen deutsch-paraguayischen Geschichte birgt. Das Hotel Tirol del Paraugay.
Das Hotel war regelmäßiges Wochenendrefugium des früheren deutschstämmigen, paraguayischen Diktators Alfredo Stroessner, Sein Vater stammte aus Hof an der Saale. Im Jahre 1929 begann Stroessner seine militärische Karriere, der 1953 die Erhebung zum General und zum Oberbefehlshaber der Armee folgte. Im August 1954 fand die Ernennung Stroessners zum Präsidenten statt, erst im Jahre 1989 wurde er entmachtet und ging nach Brasilien ins Exil.
Im Lateinamerikanischen Raum kann nur Fidel Castro in Kuba auf eine längere Regentschaft zurückblicken.
Stroessner hatte regelmäßig Kontakt mit geflohenen Nazigrößen und soll diese im Hotel Tirol getroffen haben, auch der KZ Arzt Josef Mengele, der teils unter seinem richtigen Namen, teils unter dem Namen Fritz Fischer zwischen 1959 und 1970 in Paraguay gelebt hatte, soll Gerüchten nach regelmäßig im Hotel zu Gast gewesen sein, auch soll er guten Kontakt zum Diktator gepflegt haben.
Der rote Ziegelbau des Hotels versprüht eine ganz eigene, düster Atmosphäre. Tief in den Wald gebaut, wenige Fenster, dunklen Rundbogengänge, ein Turm, der stark an alte Wachtürme erinnert, da könnte man glauben, man wandert durch eine deutsche Nazistätte, fehlen nur noch die rot, weiß, schwarzen Reichsfahnen an den Gebäuden. Der Ort war strategisch gut gewählt, auf 3 Seiten von Wald und Hügeln umgeben, die Front gibt einen weiten Blick frei in die tiefer liegende Ebene des Rio Parana, es gibt nur eine Zufahrtsmöglichkeit.
Die Zeit verging schnell, der Tag des Abschieds war gekommen. Danke auch an Gabi, Noemi und Simone für den schönen Aufenthalt bei euch in Hohenau.
Nach einigen Relaxtagen im Camping Paudimar in Iguazu fahre ich dem nächsten Abenteuer entgegen, Besuch des größten Landrovertreffen Südamerikas. Mit Glück erwartet mich dort auch das Wiedersehen mit einigen alten Freunden.
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