Kolumbien Teil 3, Bogota Santa Marta und Cartagena
Eigene Erfahrungen:
Kolumbien war ein Land, von dem ich nicht viel Vorstellung hatte. Alle Reisende, die ich getroffen hatte, die von Nord nach Süd unterwegs waren, haben immer erzählt wie toll doch Kolumbien ist. Fragt man daheim jemanden was er über Kolumbien weiß, dann kommt meist als Antwort „Kokain, Pablo Escobar und Rebellen“. Mich hat das Land total überrascht und das durchwegs positiv. Ich habe hier die offensten und freundlichsten Menschen getroffen, das Niveau des Landes ist generell sehr hoch, Ich schätze auch die Bildung sehr hoch ein. In keinem Land in Südamerika hatte ich mehr Menschen getroffen die Englisch sprachen. Ich habe auch das Gefühl, das die Wirtschaft sehr gut läuft. Überraschend für ein Land, das eigentlich seit Jahrzehnten in einem bewaffneten Konflikt steht. Man sieht sehr selten unverputzte, rohe Ziegelhäuser, unfertig, mit herausragendem Baustahl. Die Häuser sind vielfärbig bemalt, meist sieht es einigermaßen sauber aus und sogar die Armen haben Blumen vor den Häusern. Das Straßennetz ist mittlerweile gut ausgebaut und die Sicherheit ist ok. Ich hatte nie ein unsicheres Gefühl in Kolumbien. Auch die Küche des Landes hat mich positiv überrascht. Für mich die 2. Beste nach Peru. Die Polizei war stets sehr freundlich, Begrüßung und Verabschiedung einer Kontrolle meist mit Handschlag. Nur einmal bei einer Militärkontrolle hatte ich das Gefühl, das sie Geld wollten. Das jedoch ohne es direkt auszusprechen. Das einzig Negative ist mir in Cartagena aufgefallen, speziell im Stadtteil Bocagrande sind die Strandverkäufer und Masseusen sehr aufdringlich und lassen einem keine Ruhe. Schlimmer als in Jesolo oder die indischen Verkäufer in Thailand.
Kolumbien ist sehr vielseitig, es gibt viel zu entdecken. Speziell die Menschen machen das Land zu etwas Besonderem. Wiederkehr- und Reiseempfehlung: 100 %
Probleme:
Keine
Reiseroute:
Cota – Bogota –Cota – Chia –Cota – Alban – Cota – Bogota – Cota – Sasaima – Cota – Bogota Airport – Flug nach Santa Marta – Minca – Santa Marta – Taganga – Santa Marta – Baranquilla – Cartagena – Boca Grande – Cartagena – Flug zurück nach Bogota – Cota – Bogota – Flug heim
Reisezeitraum:
29. September – 18. Dezember 2015
Reisebericht:
Es ist der 23. November, Bea, Helmut und ich sind noch immer bei Cota in der Nähe von Bogota. Wir haben uns soweit gut eingelebt bei unserer Gastfamilie, wollten noch ein, zwei Wochen bleiben, ein paar Computer Arbeiten erledigen und dann gemeinsam nach Cartagena fahren. Doch es sollte wieder einmal alles anders kommen, Plan Änderung in letzter Sekunde.
In der Zwischenzeit gab es aber für uns noch allerlei zum Miterleben im Hause unserer Gastfamilie.
Patricias Geburtstag stand vor der Tür. Da sie uns so nett aufgenommen haben in der Familie und wir uns nach dieser kurzen Zeit schon wie daheim fühlten, wollten wir natürlich ein bisschen zur Geburtstagsfeier beitragen, mit einer Geburtstagstorte. Nach ein wenig Rezepte blättern entschied ich mich für eine Eierlikörtorte, da ich vor ein paar Tagen im Supermarkt so einen ähnlichen Likör entdeckt hatte. Und die anderen Zutaten sind normalerweise überall zu finden. Man glaubt es kaum, aber ich fand keine normalen Nüsse, nur gesalzene und Nüsse, die mit Trockenfrüchten gemischt waren. Es half nicht, ich musste die Nüsse abwaschen, trocknen, beziehungsweise sie aus den Trockenfrüchten aussortieren. Das nächste Malheur passierte mir beim Schlagen der Sahne, die hier eine etwas andere Konsistenz besitzt, wie von daheim gewohnt. Innerhalb von ein paar Umdrehungen der Küchenmaschine hatte ich Butter im Rührkessel. Zu guter Letzt klappte es aber doch und die Torte war fertig.
Die Familie begann inzwischen zu kochen, geröstetes Schweinefleisch wurde traditionell über offenem Feuer zubereitet und die Gäste trudelten schön langsam ein. Es war ein lustiger Abend, es gab viel zu essen und zu trinken und Patricia freute sich sehr über meine Torte. Anschließend durfte sie die Geschenke auspacken. Alles Gute zum Geburtstag Patricia!
Am nächsten Tag konnten wir zusehen, wie die traditionellen Arepas hergestellt werden. Arepas sind runde Maisfladen, die in Kolumbien traditionell zu vielen Gerichten gegessen werden. Sie sind eine Art Brotersatz. Pur oder mit Käse hergestellt, gebraten oder frittiert, dünn, oder dick geformt um sie zu füllen, Arepas gibt es in unzähligen Varianten.
Tags darauf nahmen Patricia und Jesus uns mit auf einen kleinen Ausflug. Sie besitzen eine Farm in der Nähe von Alban, am Rande des Tales des Rio Magdalena gelegen. Inmitten einer idyllischen Berglandschaft gelegen, Natur pur. Der Verwalter der Farm hatte die Pferde schon gesattelt, Bea und Helmut entschieden sich fürs Reiten, Ich nahm mit Patricia den Wagen um hinaufzufahren, Irgendwie sind mir die Pferde suspekt, ich kann da einfach die Handbremse nicht finden. Jesus zeigt uns das Grundstück, auf dem er irgendwann in der Zukunft ein Öko-Hotel bauen will.
Mittags erreichen wir schließlich die Kaffee-Farm seines Bruders. Auf 130000 Kaffeepflanzen wachsen hier 10 Tonnen besten Kaffees pro Jahr. Dazu wie üblich unzählige Bananenstauden als Schattenspender. Leider ist auch hier gerade keine Saison, nur vereinzelt entdecken wir rote Kaffeefrüchte an den Sträuchern. Nach einer kleinen Führung durch die Verarbeitungshalle fahren wir zum Wohnhaus der Farm. Wunderschönes altes Haus, etwas Patina angesetzt, steht es inmitten eines großen Gartens. Auf dem Rückweg zeigen uns Patricia und Jesus ein traditionelles Restaurant, die Portionen sind so groß, das wir sie kaum aufessen können.
Am späten Nachmittag sind wir zurück im Haus der Eltern, wir kommen genau richtig um Hector beim Melken der Kühe zuzusehen.
Stefan, Petra, Kurt und Elisabeth sind auch noch immer in Bogota, und so verabreden wir uns zum Abendessen. Sie laden auch Pacho und Daniel ein, als Danksagung, dass sie auf deren Grund stehen können. Wir gehen in ein ganz spezielles Restaurant, dem Andres Carne de Res. Pacho hat uns früher schon mal davon erzählt, man sollte da einmal gewesen sein. Das hat uns neugierig gemacht.
Das Restaurant ist wirklich ganz speziell. Riesengroß, 2000 Sitzplätze mit Tanzflächen dazwischen. Zuerst dinieren, dann Party, das ist deren Motto. Am Wochenende immer voll, sie haben eigene Partybusse, die die Gäste von überall aus Bogota hierher holen. Für Selbstfahrer bieten sie auch einen Heimbringer-Dienst, jemand fährt dich in deinem eigenen Auto heim. Find ich cool.
Das Design des Restaurants ist auch speziell, es erschlägt einen geradezu, tausende Kunstwerke und Deko Teile stehen und hängen überall, man weiß gar nicht wo man zuerst hinschauen soll.
Das Gleiche passiert, wenn man durch die Speisekarte blättert, so was hab ich noch nie gesehen. 74 Seiten mit 460 aufgelisteten Gerichten und deren Variationen – deshalb braucht man sich auch nicht wundern, dass der Kellner dann erst nach einer Stunde kommt. Wir bestellen aus dem Vollen, gemischte Grillplatte, Salate, Reisgerichte, flüssigen Käse und so weiter. Nett, gut und gesellig verläuft der Abend. Ein Clown taucht plötzlich am Tisch auf, verteilt Konfetti über uns, Musiker spielen und wir bekommen eine Schärpe mit den Nationalfarben. Schräger Auftritt.
Zwischendurch dreh ich mal eine Runde durch das Lokal, mich interessieren die Küchen. Die sind alle offen, 6 an der Zahl, man kann zuschauen. Alle Öfen werden mit Holz und Kohle befeuert, es gibt eigene Küchenmitarbeiter, die nur mit dem Nachlegen und erhalten des Feuers und der Glut zuständig sind. Eine Spezialität des Restaurants ist „Lomo al Trapa“. Dabei wird Rinderfilet in mit Wein getränkte Leinentücher gewickelt, mit einer einen Zentimeter dicken Kräuter-Salzschicht. Die so verschnürten Päckchen werden einfach in die Glut geworfen und nach 10 Minuten gewendet.
Der Oktober nähert sich seinem Ende, wir sind nach wie vor damit beschäftigt am PC zu arbeiten. Zu Halloween gibt’s ein bisschen Party und die Kinder kommen für Süßigkeiten.
Und eigentlich wollten wir jetzt abfahren, weiter nach Norden, nach Cartagena. Wir packen zusammen, verladen alles im Landy und auf den Motorrädern, die Motoren sind gestartet um warmzulaufen, wir müssen nur noch auf Patricia warten, die in der Früh zu einem Arzttermin weggefahren ist. Sie sollte eigentlich schon daheim sein, wir warten und warten, sie kommt nicht. Wir stellen die Motoren wieder ab, Bea hatte vorher noch was von einer Segelboottour gelesen. Wir diskutieren darüber und da wir ja eh nur warten, nutzt Bea die Zeit und schreibt eine E-Mail an den Anbieter. Die Antwort kommt prompt und die ist interessant. Bea und Helmut möchten das nochmal durchdenken und überlegen, ob sie die Verschiffungs-Pläne ändern sollen.
Definitiv eine sehr interessante und überlegenswerte Option und so laden wir unsere Sachen wieder aus und fragen, ob wir noch ein paar Tage bleiben können, bis die Entscheidung steht. Diese steht bald und wir beschließen, bis Mitte Dezember – bis ich heim fliege – gemeinsam die Zeit zu verbringen und hier zu bleiben.
Mitte November laden uns die Großeltern ein, mit ihnen ein paar Tage in ihrem Wochenendhaus zu verbringen. Dies liegt in Sasaima, einer kleinen Stadt auf dem Weg hinunter in das Tal des Rio Magdalena. Günstig gelegen auf 1200 m ist es viel wärmer als in Bogota aber noch nicht so heiß wie im Tiefland. Einige andere Familienmitglieder fahren auch mit. Mittags besuchen wir ein kleines Restaurant, ein Geheimtipp des Schwagers. Es gibt nur ein Gericht, und das nur auf Vorbestellung. Alles vom Huhn. Zuerst eine Suppe, dann das geschmorte Huhn, mit Mais, Kartoffel, Maniok, Kürbis, Reis. Eines der besten Hühner, die ich je hatte.
Das Wochenendhaus war genial. Ein riesiger Garten voller Früchte, darunter verschiedene Zitrusfrüchte, Guanabana und Kakao. Herzstück des Gartens ist der riesige Swimmingpool und der beheizte Whirlpool. Opa hat ihn auch gleich eingeschaltet und so verbringen wir die Abende der folgenden Tage gemütlich im 38 Grad warmen Wasser und trinken eisgekühltes Bier. Wir werden jeden Tag mit leckerem Essen verwöhnt. Ja, hier könnte man es länger aushalten.
Astrid y Gaston. Gaston Acuro – mein Lieblingskoch in Südamerika hat auch in Bogota ein Restaurant eröffnet. Die Ceviche schmeckte herrlich frisch, wie in Peru, die Garnele auch. Der gefüllte Paprika, schön scharf, mit viel Käse war auch sehr lecker, das absolute Highlight war kandierter Schweinebauch mit Orangensauce. Der war schlichtweg genial. Ich bekam auch hier die Möglichkeit, die Küche zu besuchen und einen kleinen Plausch mit dem Küchenchef zu führen.
Ich musste noch Mal zum Mechaniker, Iguana in Bogota, die neuen Stoßdämpfer einbauen. Statt der TJM Gold Edition kommen ab jetzt australische Tough Dog Stoßdämpfer zum Einsatz.
Die Zeit verging und ich musste mir überlegen, wie ich meine restliche Zeit nutze bis zum Heimfliegen. 3 Wochen hab ich noch und ich wollte noch nach Norden, an die Küste. Bea und Helmut haben noch mehrere Projekte am Start und sind die nächste Zeit am PC beschäftigt, sie fahren ja sowieso nachher nach Cartagena. Rauf an die Küste, auf die Halbinsel im Norden und zurück nach Cartagena, schließlich wieder nach Süden bis Bogota wären in Summe knapp 4000 Kilometer. Das hieße 3 Wochen viel Autofahren.
Ich entschloss mich zu fliegen. Jesus musste just an meinem Flug-Tag jemanden am Airport abholen und ich konnte mitfahren. 1 Stunde später landete ich in Santa Marta an der Karibik-Küste.
Santa Marta soll die älteste Stadt Kolumbiens sein, gegründet 1525. Sie ist Hauptstadt des Departamento del Magdalena. In ihrem Rücken befindet sich die Sierra Nevada de Santa Marta mit den höchsten Gipfeln des Landes, dem Pico Colon und Pico Bolivar, jeweils 5775 m hoch. Die Bergkette liegt nur 45 km von der Küste entfernt und gilt damit als höchstes Küstengebirge der Welt. Der Großteil des Gebirges ist momentan jedoch touristisch nicht erreichbar, da die dort lebenden Indianerstämme sehr abgeschottet leben und einige Täler von Rebellen und Paramilitärs kontrolliert werden. Einzig die Gegend um Minca und die Route zur verlorenen Stadt (alte Ruinen) sind sicher und frei zugänglich. Die Stadt ist auch Sterbeort des Freiheitskämpfers Simon Bolivar.
Ich verbrachte 2 Tag mit der Besichtigung der Altstadt, die sehr überschaubar ist, dem Besuch des Goldmuseums, das eine Außenfiliale des Goldmuseums in Bogota ist. Zwischendurch laden Bars und Restaurants zum Verweilen ein. Ich mache auch eine kleine Hafenrundfahrt. Die Nachmittage verbringe ich im Pool auf dem Dach des Hostals. Es ist sehr heiß in Santa Marta, aber trocken. Überall in der Stadt wird selbstgemachte Limonada aus frisch gepressten Limetten verkauft, süß-sauer und eisig kalt. Die beste Erfrischung in dem heißen Klima. Generell geht es sehr gemütlich zu an der Karibikküste, alles geht noch ein wenig langsamer als im Rest des Kontinents. Die Straßen sind gefüllt mit fliegenden Händlern und Reparaturständen für Elektrogeräte. Da wird schnell das Smartphone repariert, eine neue Platine eingelötet, eine halbe Stunde später funktioniert es wieder. Alles an der Straße.
Ich sitze eines Abends gemütlich beim Abendessen, da spricht mich jemand auf Deutsch an „ Ja mei, da Weindi, Servus“. Sie stellen sich als Nicole und Johannes vor, sind Mitglieder im Black-Landy-Forum. Ich hatte mit ihnen sogar schon E-Mail Kontakt, sie haben mich sofort erkannt. Na die Welt ist doch klein.
Ein wenig außerhalb liegt das Simon Bolivar Denkmal, das zu Ehren des Todes des Freiheitskämpfers errichtet wurde. Er wurde am 24. Juli 1783 in Caracas geboren und starb am 17. Dezember hier in Santa Marta. Er führte die südamerikanische Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanischen Kolonialherren an und wird vielerorts als Nationalheld verehrt.
In dem riesigen Park finden sich alte Gebäude ein Kunstmuseum und das Denkmal. An meinem Besuchstag diente das Denkmal und die Umliegenden Gebäude als Kulisse für den Dreh einer kolumbianischen Telenovela, die zu dieser Zeit spielt. Es dreht sich um Reiche, Adelige und Sklaven.
Die Schauspieler waren sehr nett und ich durfte einige Fotos machen. Auch war es sehr interessant ein paar Stunden die Dreharbeiten zu verfolgen.
Abends auf den Plätzen in der Stadt treffen sich regelmäßig die Jungen um zu Tanzen. Am Wochenende gibt’s oft Wettbewerbe.
Da der Tayrona Nationalpark an der Küste als Zugeständnis an die Indigenas den ganzen November für alle Menschen gesperrt war, musste ich auf die wahrscheinlich schönsten Strände Kolumbiens verzichten. Für die Indigenas gilt das Gebiet als heilig, in den letzten Jahren hat der Tourismus stark zugenommen und für die Indigenas bedeutet dies eine „Verschmutzung“ ihrer heiligen Stätten. Im November wurde das Gebiet von Schamanen spirituell gereinigt.
Ich musste deshalb meine Ausflüge umdisponieren und mich auf die Berge konzentrieren. So buchte ich mit ein paar anderen Reisenden, mit denen ich das Zimmer im Hostal bewohnte, einen Jeep, der uns hinauf in die Berge bringen sollte. Minca ist ein kleiner Ort in den Bergen, 550 Meter höher als Santa Marta gelegen. In den Bergen und Tälern oberhalb des Ortes liegen Kaffeefarmen, es stürzen sich Wasserfälle in die Tiefe, Man kann teilweise in den Kaskaden schwimmen gehen.
Unterwegs stoppen wir an einem Restaurant und bestellen schon mal unser Mittagessen, der alte Mann hat das Schweinefleisch schon im Ofen liegen. Hinauf geht es über enge Straßen, die Bergflanken sind dicht bewachsen. Wir erreichen unseren ersten Wasserfall, den Pozo Azul. Nach 20 Minuten Fußmarsch können wir uns in dem kühlen Wasser abkühlen. Schöner könnten die Strände auch fast nicht sein. Nach dieser Erfrischung besuchen wir die Kaffeefarm La Victoria. Erst war ich wenig motiviert, da ich bis dato schon 3 Kaffeefarmen besichtigt hatte. Nichts Neues dachte ich mir.
La Victoria wurde 1893 gegründet, von einem Engländer, der auch die ganzen Maschinen mitgebracht hatte. Heute wird die Fabrik von einem Deutschen geführt. Und da war der Unterschied. Die Techniken waren anders als in der anderen Kaffeeregion, die alten Maschinen laufen seit 123 Jahren, sind unverändert. Auch wird hier in der Maschine getrocknet. Ein Teil des Kaffees wird nicht exportiert, sondern gleich für den heimischen Markt geröstet. Mit höherer Temperatur und länger, der Kaffee schmeckt dadurch europäischer und herber, sie rösten hier mit 215 Grad im Gegensatz zu Salento mit 180 Grad. Und endlich sehe ich hier Ernte und Verarbeitung, denn im Gegensatz zu Kaffeeregion bei Salento sind hier die Früchte rot und werden gerade abgeerntet und verarbeitet. 700 Hektar hat die Farm, auf 200 davon wird Kaffee angebaut. Je Hektar stehen 6000 Pflanzen. 120 Pflücker ernten pro Jahr fast 400 Tonnen Kaffeefrüchte. Nur 3 Mann sind in der Fabrik schließlich notwendig um daraus 130 Tonnen fertige Kaffeebohnen zu produzieren. Aus den abgetrennten Fruchtabfällen wird mit Hilfe von Millionen Regenwürmern Kompost erzeugt, zum natürlichen Düngen der Pflanzen. Die Schalen werden im Trocknungsofen verbrannt.
Nach so viel Besichtigung steigt der Hunger und wir fahren zurück zu dem alten Mann und seinem Schweinefleischrestaurant. Das Fleisch ist lecker, die Portionen groß und als Verdauungs-Nachspeise bietet der alte Mann Marihuana an. Meine Mitfahrer freuen sich darüber und ziehen kräftig am Joint.
Wir besuchen nachmittags noch einen 2. Wasserfall, die Cascadas de Marinca, die Straße ist teilweise sehr offroadig, Es macht Spaß. Zum Abschluss können wir noch Kolibris bei der Nahrungsaufnahme beobachten, dutzende der kleinen Vögel schwirren herum, leider ist es schon dämmrig und sie sind zu schnell zum Fotografieren.
Abends gehen wir zusammen ins Restaurant Ouzo, für mich einer der empfehlenswertesten Restaurants in der Stadt. Wir essen frittierte Calamari, die auf einem Salat mit Gurke, Paprika, Zwiebel, Chili und Mango angerichtet waren. Extrem lecker. Als Hauptspeise geschmorter Schweinebauch.
An meinem letzten Tag besuchte ich Taganga, den Nachbarort in der nächsten Bucht. Ein kleines Fischerdorf malerisch in der tiefen Bucht gelegen. Ein bisschen Strandfeeling vor der Weiterfahrt. Eine Spezialität hier an der Küste sind Cocada Cartagenera. Dafür werden grob geriebene Kokosraspeln in einer Pfanne angebraten, Panela (brauner Zuckerrohrzucker) hinzugegeben und geschmolzen, das ganze karamellisiert und wird zu Talern geformt. Teilweise pur, teilweise mit anderen süßen Produkten vermischt, zb. mit Arequipe. Das ist eine karamellisierte Milchcreme ähnlich der argentinischen Dulce de leche.
Per Minibus fahre ich von Santa Marta via Baranquilla nach Cartagena. Für mich eine der verschmutztesten Landschaften in Kolumbien. Ich kann nach wie vor nicht verstehen, wie man so leben kann.
Cartagena. Die Hafenstadt wurde 1533 gegründet und ist zu einer Millionenstadt herangewachsen. Die Menschen hier (meist afrikanischer Abstammung) leben von den 40 Häfen im Umkreis, Fischerei und der Ölindustrie. Im Oktober 2015 wurde außerhalb der Stadt die modernste Raffinerie Südamerikas eröffnet.
Cartagena soll die sicherste und bestbewachte Stadt Kolumbiens sein, in der Tat kam ich mir auch sehr sicher vor, in der Altstadt und der Umgebung kann man sich ohne Probleme auch Nachts bewegen und fotografieren ohne das man Angst um seine Ausrüstung haben muss.
Da es mein 2. Besuch in der Stadt ist, viel mir die Orientierung nicht schwer und ich startete einen gemütlichen Rundgang durch die Altstadt. An jeder Ecke und in jeder Straße findet man unzählige Fotomotive. Die Fotos, die ich hier für euch zusammengestellt habe, sind im Zeitraum von mehr als einer Woche entstanden. Für Cartagena sollte man sich Zeit nehmen. Sie ist nicht umsonst eine der schönsten Städte in Südamerika. Natürlich könnte man die Sehenswürdigkeiten an eineinhalb Tagen abhandeln, aber will man das? Ich kann nur jedem empfehlen, sich der Langsamkeit und dem Rhythmus der Einheimischen anzupassen, sich gemütlich treiben zu lassen, sich mal ein paar Stunden an den einen oder anderen Platz zu setzen, die afrikanischen Obstfrauen zu beobachten, die unzähligen blumengeschmückten Balkone anzuschauen und die malerischen Innenhöfe zu erkunden.
Die Stadt ist seit 1984 Weltkulturerbe.
Überall steht Kunst herum in der Stadt, gefallen haben mir auch die Tür-Klopfer. Mehrere Dutzend verschiedener Formen vom Löwenkopf über Fisch bis zur Eidechse hängen außen an den schweren, massiven, eisenbeschlagenen Holztoren.
Die im andalusischen Stil erbauten Häuser sind farbenprächtig, die Gassen sind malerisch und eng, die Kirchtürme erheben sich über die Dächer. Überall wird renoviert und die Häuser und Innenhöfe in Schuss gesetzt, nette Geschäfte vom Souvenirladen bis zur Nobelboutique wechseln sich mit schönen Restaurants. Auf der Stadtmauer, die an manchen Stellen 20 Meter dick ist, werden Events wie Hochzeiten abgehalten, Lounge Möbel und Buffet aufgebaut, eine Band spielt auf der Bühne, die Gäste dinieren im Sonnenuntergang, die Masten der großen Segelschiffe im Hintergrund. Wenn hier noch ein paar mehr alte Autos rumfahren würden, könnte das glatt Ähnlichkeit mit Kuba haben.
In Cartagena finden sich auch tolle Hotels, einige hab ich mir angesehen, eines ist mir ganz besonders herausgestochen, das Hotel Santa Clara. Kolonialer Flair innerhalb alter Klostermauern. Restaurants und Pools in den Innenhöfen, tolles Ambiente.
Rhythmus liegt in der Luft. Die Kolumbianer lieben Tanz und Musik, jeden Tag ist was los, Tanzvorführungen in den Parks, live Konzerte am Wochenende, Salsa in den Bars und Discos in der Nacht, immer ist was los, ich war jeden Tag irgendwo aus in der Nacht. Die Klänge und Tänze sind oft sehr afrikanisch –karibisch angehaucht, die Kultur der ehemaligen afrikanischen Sklaven ist mit der Südamerikanischen verschmolzen.
Nächtliche Eindrücke von Cartagena. Jeden Tag ein Traum-Sonnenuntergang vor Cartagena. Am besten genossen auf der Stadtmauer beim Cafe del Mar. Ich bin sicher 4 oder 5 Abende hier gesessen, einen kleinen Drink geschlürft und aus Meer geschaut. Die frische Brise genossen, die die Hitze des Tages vertreibt.
Einige Tage war’s auch stressig, denn dies ist die beste Zeit für Fotos, die „blaue Stunde“ ist allerdings sehr kurz, es bleibt kaum eine Stunde bis zur vollen Finsternis. Dann bin ich meist in eine Bar gegangen und hab mir einen eisgekühlten Mojito gegönnt. Oft bin ich in der KGB Bar gesessen, weil man da einen guten Blick nach draußen hat und auf die hübschen Bedienungen. Mit solchen „Soldatinnen“ könnte man glatt Revolutionsführer werden. Den Bart hätt ich schon.
Am 8. Dezember ist Feiertag in Kolumbien. Die Weihnachtsbeleuchtung wird feierlich gestartet und ein Fest gefeiert. Dabei reiten hunderte Menschen mit Pferden durch die Altstadt und feuchtfröhlich fließt der Alkohol.
Zwischendurch muss ich mich auch um Bürokratisches kümmern. Meine Aufenthaltsgenehmigung läuft bald ab und die muss ich verlängern. Dazu muss ich erst meinen Pass verlängern und anschließend mit einem ganzen Stapel Kopien der benötigten Dokumente zum Zoll um auch meinen Landy um 90 Tage zu verlängern. Das geht in jeder Großstadt in Kolumbien, aber hier in Cartagena ist es sehr einfach, weil die hier jeden Tag mit Fahrzeug-Reisenden zu tun haben, wegen der Verschiffung Cartagena – Panama. Hat schließlich auch einwandfrei geklappt und 3 Tage später hatte ich die neuen Papiere in der Tasche.
Für ein paar Tage wechsle ich den Standort und fahre von der alten Stadt hinüber nach Boca Grande. Man könnte es fast als das Manhattan Cartagenas bezeichnen, da sich auf der langgestreckten Halbinsel ein Hochhaus an das andere reiht. Boca Grande beherbergt auch einen Großteil der Stadtstrände von Cartagena. Am Wochenende geht’s hier zu wie in Jesolo. Aufgeregt haben mich die Strandverkäufer und Masseusen, die einen keine Ruhe lassen. Es vergeht keine Minute ohne dass dich jemand anspricht.
Cartagena entwickelte sich zu einem der wichtigsten Überseehäfen der spanischen Krone. Die Flotte lief Cartagena zweimal im Jahr an um ihre Waren dort zu verkaufen und um Gold und Edelsteine wieder zurück nach Spanien zu bringen. Aufgrund seines florierenden Handels wurde die Stadt oft von Piraten überfallen. Nach einem großen Angriff des berüchtigten Freibeuters Sir Francis Drake wurde Cartagena durch einen 11km langen Schutzwall, die Festung San Felipe und zwei weitere Forts in der Bucht verstärkt. Aber auch in späteren Jahren blieb die Stadt aufgrund ihres Reichtums ein beliebtes Ziel für Seeräuber. So sicherten im 18. Jahrhundert schlussendlich 29 Forts Cartagena. So konnte die Stadt 1740 im englisch-spanischen Krieg auch den Angriff von 186 Schiffen und insgesamt 18 000 Mann abwehren. Cartagena galt deswegen auch als eines der herausragenden Beispiele für die spanische Verteidigungsarchitektur.
Das Fort San Felipe de Barajas spielte dabei die Hauptrolle. Sie ist das Meisterstück der Verteidigungsanlagen, die im Osten der Stadt auf einem Felsen thront. Benannt nach dem spanischen König Philip IV. war es mit Lebensmittellagern, Waffenkammern und einem Labyrinth an unterirdischen Zugängen ausgestattet. Ergänzt wurde das gewaltige Fort um eine Vielzahl an weiteren Verteidigungslinien und Bollwerken.
Ganze 2 Wochen habe ich schließlich in Cartagena verbracht. Es war Zeit um nach Bogota zurückzukehren und die Heimreise vorzubereiten. Mit Bea und Helmut hatte ich schließlich auch noch geplant einen Ausflug nach Villa de Leyva zu machen.
Am 9. Dezember bin ich zurück in Bogota. Bea und Helmut erzählen mir, das die Familie einen Bus gemietet hat um am Wochenende einen mehrtägigen Weihnachtsausflug zu machen und wir wären sehr gerne eingeladen mitzukommen. Es ginge dabei um ein bisschen feiern und die Weihnachtsbeleuchtung mehrere kleinen Städte zu besichtigen. Dies ist in Kolumbien sehr populär und die Städte stellen sich einer Bewertung der schönsten Weihnachtsbeleuchtung. Na das hört sich ja gut an. Wir beschließen die Hauptroute nicht mit ihnen im Bus mit zu fahren, sondern selber mit Landy und Motorrädern, um den Ausflug anschließend zu verlängern und auf die Art Villa de Leyva noch mit zunehmen. Ich wollte den Landy sowieso bewegen, da er während meines Heimaturlaubes eh 9 Wochen steht.
Wir fahren nach Tibasosa, 3-einhalb Stunden Fahrt nördlich von Bogota. Dort hat Patricia ein Hotel reserviert. Tibasosa ist eine nettes kleines Städtchen mit einem überschaubaren Zentrum (Plaza und je 2 Straßen außen rum). Wir schauen uns die netten Wandmalereien an, die Alltagsszenen aus dem Ort darstellen. Für die hier gemalten Personen standen reale, lebende Menschen aus dem Ort Porträt. Zurück am Hostal wartete unser Bus schon auf uns. Erster Stopp ist Nobsa, ein Ort der für seine Wolle bekannt ist. Und seiner Süßigkeiten. Die verkosten wir ausreichend. Zur Dämmerung wurde die Weihnachtsbeleuchtung eingeschaltet. Die Palmen des Ortes erstrahlten in bunten Lichtern. In einem Zelt auf dem Stadtplatz ist wie als eine überdimensionale Krippe Bethlehem zur Geburt Jesu aufgebaut. Mit bewegenden Figuren. Beeindruckend. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Die Silhouetten der Häuser, Balkone und Säulen sind mit Lichterketten präpariert, die Konturen leuchten weithin. Wir setzen unsere Fahrt fort nach Coralles. Draußen ist es kalt geworden, Alejandro schenkt wieder einmal eine Runde Aguardiente ein – kolumbianischer Anisschnaps. Mittlerweile sind wir bei der 2. Flasche angekommen und es wird lustig. Die Oma singt und lacht.
Coralles wartet auf mit einer beeindruckenden Beleuchtung. Lichter wohin das Auge schwenkt. Für die Kinder gibt’s Eisbären und Rentiere. An der Plaza stehen Soldatenfiguren Spalier.
Zurück in Tibasosa essen wir in einem Restaurant über der Stadt und besichtigen die Plaza. Die Beleuchtung ist ein wenig kitschig, die Kirche ist in blaue Lichterketten gehüllt und überall sitzen Weihnachtsmänner herum.
Am nächsten Morgen frühstücken wir in Paisa an einem See und essen eine Spezialität der Region, Cazuela Paisa. Milch wird mit Wasser gekocht, drinnen liegt unten flüssiger Käse, darauf 2 weiche Eier und ein süßes Brötchen. Da brauchst du dann bis abends nichts mehr.
Danach fahren wir nach Villa de Leyva. Dabei komme ich 2 Mal in eine Polizeikontrolle, aber alles Routine. Verabschiedung durch die Polizisten mit Handschlag – Daheim noch nie erlebt.
Bea, Helmut und ich checken in einem netten Camping, nur 2 Blocks von der Plaza, ein. Hier befand sich früher eine alte Mühle. Villa de Leyva wurde früh unter Denkmalschutz gestellt und die Stadt blieb von modernen Bauten verschont. Um die riesige Plaza, die die größte Plaza ohne Pflanzenbewuchs in Südamerika sein soll, gruppieren sich enge Gassen, alle Häuser sind weiß getüncht. Wir stärken uns, laufen eine Runde durch das Stadtzentrum, schauen in Innenhöfe und Souvenirläden.
Abends treffen wir uns mit Elisabeth, gehen einen Kaffee trinken. Dann kommt ihre Tochter Andrea hinzu und wir gehen zurück zum Camping um den Grill anzuheizen. Heute ist mein letzter Abend mit Bea und Helmut on Tour. Es bleiben dann nur noch 2 Nächte daheim in Bogota, dann startet mein Flieger nach München. Wir verbrachten einen wunderschönen Abend zusammen am Lagerfeuer und es war eine große Freude, diesen zusammen mit Elisabeth und Andrea zu verbringen. Da Kurt und Elisabeth anschließend nach Nordamerika weiterfahren, werden wir uns wahrscheinlich sehr lange nicht mehr sehen. Am nächsten Tag nehme ich die Beiden noch mit zurück nach Bogota.
Meine letzten beiden Tage in Bogota waren stressig. Mein Abschiedsabend war zu organisieren. Einkaufen und Kochen. Ich bereite 20 Portionen Zwiebelrostbraten mit Serviettenknödel zu. Bea und Helmut servieren in Lederhose und Dirndl.
Im Gegenzug lädt uns die Familie ein, meinen letzten Abend zusammen mit ihnen zu verbringen. Es ist der erste Abend einer kolumbianischen Weihnachtstradition genannt „Novena“ abgeleitet nueve – neun auf Spanisch. Angelehnt an die Herberg-suche treffen sich die Kolumbianer an den letzten neun Tagen vor Heilig Abend in jeweils einem anderen Haus der Familie um zusammen zu beten, zu singen und musizieren, und zu essen. 22 Leute sind wir. Ein weiterer Einblick in die Kultur und das Leben und ein toller Ausklang dieses Reiseabschnittes.
Am 18. Dezember lande ich ohne Probleme in München und werde von meinen Eltern empfangen.
Bis 23. Februar bin ich nun zu Hause, werde die Feiertage mit meiner Familie verbringen, meine Freunde treffen und Österreich genießen. Dann geht’s auf zu neuen Abenteuern.
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