Bolivien Teil 2, Von La Paz via Corroico in die Yungas,

 

anschließend via Lago Tititaca nach Arequipa in Peru

 

 

 

 

Eigene Erfahrungen:

Die Totesstraße in die Yungas ist eigentlich relativ easy, keine großen fahrtechnischen Herausforderungen. Das Problem hier war früher der Verkehr (LKWs) und plötzlicher Wetterumschwung mit Nebel und Regen. Wer unsicher ist, empfehle ich die neue Straße hinunter zu fahren und die Ruta del Muerte hinauf. denn wegen des Linksverkehr fährt man innen  und nicht außen am Abgrund und hinauf hat man Vorrang.

Generell ist dieses Reisegebiet sicher, die Landschaften traumhaft.

Für ein armes Land fand ich es in Bolivien relativ sauber, ausgenommen die Umgebung von Oruro, für mich einer der am meist verschmutzten Orte auf meiner Reise. Auch in La Paz war ich überrascht, viele arme Menschen, aber sogut wie jeder lebt innerhalb von Ziegelbauten. So richtige Wellblech und Karton/Holzbau Favelas wie in anderen Großstädten sah ich hier nicht - mag auch an den eher kalten und niederschlagsreichen klimatischen Bedingungen liegen. Die Bolivianer sind mir sehr verschlossen vorgekommen und meist mögen sie nicht fotografiert werden, jedoch waren alle meine Begegnungen freundlich und hilfsbereit.

 

 

Probleme:

 Meine Fahrzeugprobleme wurden in der Werkstatt von Ernesto Hug in La Paz zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigt, seither keine weiteren Fahrzeugprobleme. Auch ansonsten hatte ich keinerlei Schwierigkeiten, auch da ein Großteil des Reiseabschnittes auf Asphalt zurückgelegt wurde. Keinerlei Schwierigkeiten mit der Polizei, die waren alle sehr freundlich.

 Nur das Wetter machte mir einige Male einen Strich durch die Rechnung - Noch immer Regenzeit.

Aufpassen auf der Strecke Puno - Arequipa, auf der sehr kurvigen Abfahrt herrscht oft Nebel, Sichtweiten um 20 m keine Seltenheit, sehr anstrengend durch den hohen Verkehr, auch viele LKWs.

 

 

Reiseroute:

La Paz - El Alto - Paso La Cumbre - Corroico - Ruta del Muerte -Huyana Potosi Base Camp - Paso y Valle de Zongo -Huyana Potosi -Copacabana - Isla del Sol - Copacabana - Puno - Isla de Uros - Puno - Sillustani - Arequipa

 

 

 

Reisezeitraum:         1. März bis 28. März 2015

 

 

Reisebericht:

 

 

In La Paz ist ein längerer Aufenthalt geplant, zum ersten gibt es vieles zu besichtigen und zu bestaunen, zum anderen steht hier eine Generalinspektion und einige Reparaturen am Landrover bevor.

 

Zuvor steht erst mal ein Tag relaxen im Hotel Oberland auf dem Programm und der Besuch es Valle de la Luna, des Mond Tals. Das befindet sich praktisch gleich vor der Haustüre des Hotels und besteht aus tausenden Felsen, Felsspalten, Erdhügeln und kraterähnlichen Formationen. Das Valle de la Luna wurde im Lauf von Millionen Jahren durch Erosion und Klimagegensätze gebildet. Starke Regenfälle und Temperaturschwankungen führen zur Abtragung des Lehmbodens und lässt die bizarren Gebilde entstehen.

 

Auf dem Rückweg zieht ein unbeschreiblich lecker Duft in meine Nase und ich kann an der folgenden Hendlbraterei nicht vorbeigehen, ohne ein schönes, leckeres, knusprig braunes Prachtexemplar zu kaufen. Ich verzehre es zusammen mit französischen Reisenden, die ebenfalls im Oberland stehen und wir verbringen einen angenehmen Nachmittag bei Bier und Rotwein.

 

Montagmorgen hat er mich dann wieder, der Ernst des Lebens, Der Werkstattbesuch bei Ernesto Hug steht auf dem Programm. Ernesto ist der Sohn Schweizer Auswanderer, natürlich deutsch sprechend. Er betreibt eine florierende Werkstatt in La Paz, auf VW spezialisiert, aber er repariert auch alle anderen Marken. Dass er eine nach europäischem Standard und sehr saubere Werkstatt betreibt, hat sich in den Kreisen der Weltreisenden herumgesprochen und es gibt kaum einen Overlander, der nicht hier vorbeischaut.

 

Ich beauftrage ihn, sich um meinen Kühlkreislauf zu kümmern, eine allgemeine Durchsicht zu machen. und sich um die neue Seilwinde zu kümmern. 2 Tage sollten dafür ausreichen, so mein Plan. Aber es sollte wieder einmal alles ganz anders kommen.

 

Das Problem im Kühlsystem war schnell eruiert, damit das Reserverad auf der Motorhaube genug Stabilität hat, ist auf der Innenseite ein Verstärkungsblech von EXTEC montiert. Da der Ausgleichsbehälter sehr hoch sitzt, ist ein Loch in das Blech gebohrt, in dem sich bei geschlossener Haube der Deckel des Ausgleichsbehälters befindet. Da der außen stark abgewetzt ist, muss er bei Vibrationen, die auf der Fahrt von Wellblechpisten entsteht, am Blech reiben und sich dabei öffnen.

 

Den Kühlerschlauch schneiden wir entzwei und eine Dreherei fertigt ein Zwischenstück an, mit neuer Entlüftungsschraube. Soweit so Easy.

 

Als wir zur Bremsenkontrolle die Hinterreifen abnehmen, taucht gleich das nächste Problem auf und es sollen noch mehr werden. Die Hinterachs-Simmeringe sind auf beiden Seiten undicht und das Öl tritt aus. Dazu hat sich das Fett aus den Lagern ausgewaschen und hat sich mit Öl vermischt, ins Differenzial vertschüsst. Die Suppe die wir hier ablassen sieht nicht gut aus. Dick und Zähflüssig. Bei der Achse zerlegen fällt auf, das die Lager auch nicht mehr so gut ausschauen – solche habe ich Gott sei Dank dabei. Und die Verzahnung der Steckachsen ist auch nicht mehr sehr gut, die Zähne sind schon sehr dünn und haben viel Spiel. Ersatz ist nicht zu kriegen, Die Teile werden einem Dreher übergeben, der die Zähne neu aufschweißt und zu schleift. Ein Kreuzgelenk der vorderen Kardanwelle ist auch schon wieder hinüber, das 3. Mal auf Reisen. Diesmal stark ausgeschlagen, das Teil wird ebenfalls dem Dreher übergeben zum Aufschweißen und Abdrehen. Das gleiche Spiel ebenso mit einem Teil der Lenkung, dessen Verzahnung ebenfalls hinüber ist und ich habe mich schon gewundert, warum ich so viel Spiel in der Lenkung habe. Speziell dieser Defekt könnte böse enden. Wir finden passende Simeringe aber das Einstellen des Spiels der neuen Hinterachs-Lager funktioniert nicht. Die Distanzstücke die ich mit habe passen nicht von der Breite Da kann man durchtauschen was man will, es ist einen Zehntel mm zu wenig. Hier muss ebenfalls der Dreher nochmal ran und ein neues produzieren. Ich hoffe nur das die Qualität der anscheinend auch gehärteten Materialien das hält was es verspricht.

 

Dazu kommt der ganze Service Kram, einige Öle Wechseln, der Lenkungsdämpfer ist ebenfalls zu schweißen und allerlei Kleinkram.

 

Das Problem Seilwinde ist auch nicht so einfach zu lösen wie gedacht, da es die Firma TJM zwar in Bolivien gibt, die sind aber in Santa Cruz. Durch die starken Regenfälle in der derzeit herrschenden Regenzeit ist die neue Straße wegen ein paar weggerissener Brücken gesperrt und die LKW müssen die 800 km auf der alten Straße oder besser gesagt Weg zurücklegen, was mindestens 4 Tage in Anspruch nimmt. Vielleicht auch fünf. Alternativen gäbe es von anderen Herstellern, aber entweder zu Groß oder die Leistung zu gering.

 

Als die neue Winde dann zum Wochenende endlich eintrifft, stellen wir fest, das sie anders aussieht als die Alte. Sie ist etwas kräftiger als die Alte (10000 Pfund statt 9500), deshalb ist der Motor breiter und der Freilaufhebel ist nicht mehr oben sondern vorne montiert, dadurch passt die Winde nicht in den Zwischenraum der Stoßstange. Es hilft nur mehr, die Stoßstange zu demontieren, vom Schweißer gegenüber um 5 cm verlängern zu lassen und zu lackieren. Das ist aber in 3 Stunden erledigt und wir können das Schmuckstück montieren. Ernesto ist zwar eine der teuersten Werkstätten in Südamerika, aber immer noch viel günstiger als in Europa und die Arbeit wird top, sauber und gewissenhaft durchgeführt. Nochmal danke Ernesto!

 

 

Nachdem ich eine Woche hauptsächlich in Ernestos Werkstatt verbracht habe (ich lasse die Mechaniker ungern alleine arbeiten) stand nun endlich ein ausgedehnter Spaziergang in der Stadt an. La Paz ist für mich keine Unbekannte mehr, da ich vor 3 Jahren schon mal hier war. Es gibt natürlich auch für einen 2. Besuch hier genug Interessantes und Seltsames zu sehen, dazu genieße ich, immer wenn ich wo hinkomme, wo ich schon war, zu beobachten, was ich noch alles erkenne, wiederfinde und was sich verändert hat.

 

Der Rundgang beginnt mit einem Spaziergang am Prado, der Haupt und Geschäftsstraße, führt ich vorbei an der Plaza Sucre mit der Kirche, entlang eines Marktes, der sich von der Gonzales über die Lineares hinaufzieht via Sagarnaga in die Illampu und Tamayo bis zum Mercado Negro, dem Schwarzmarkt. Hier gibt es allerlei Interessantes zu sehen, man könnte sich alleine hier Tage aufhalten. zuerst wie überall Blumen, Gemüse, Fleisch und Lebensmittel, dazu Souvenirs und allerlei Kleidung aus Lama und Alpakawolle. Das Treiben wird mehr, es ist Wochenende, Alles ist auf den Beinen. Es wird gehandelt, transportiert, was möglich ist auf dem Rücken. Die alten Autobusse sind gefüllt bis auf den letzten Platz. Ein Gewusel sondergleichen, dazu die Farbenpracht und die Vielzahl von Gerüchen in der Luft.

 

In der Calle Linearis findet man den Hexenmarkt. Hier verkaufen alte Weiblein mit von Wind und Wetter zerfurchtem Gesicht allerlei Kräuter, geheimnisvolle Pülverchen, Heilpflanzen und Mittelchen gegen allerlei Krankheiten, verkaufen getrocknete Lama-Embryos für Glück. Diese werden in allen 4 Ecken von neuen Häusern eingemauert und sollen das Leid abhalten.

 

Mein Weg führt mich wieder hinunter zur Plaza San Francisco mit der Basilika San Franzisco. Dieser barocke Kirchenbau ist eine der Schönsten in La Paz. Die reich verzierte Fassade mit Vögeln, Blumen und Früchten wurde von indigenen Steinmetzen geschaffen.

 

Nach einer Rast setze ich meinen Rundgang fort in Richtung Plaza Murillo, dem Hauptplatz. Hier befindet sich die Kathedrale, der Regierungspalast, vordem die Palastgarde Wache hält und der 1905 erbaute National Kongress.

 

Ein interessantes Schauspiel boten die überaus zahlreichen Tauben, die die Plaza bevölkern. Tag-täglich gefüttert von den Einheimischen, die ihre Tage auf den zahlreichen schattigen Parkbänken verbringen, vermehren sie sich wohlgenährt. So zahm, das sie sich sogar auf den Armen und Köpfen der Menschen niederlassen.

 

Anderen Tags besuche ich noch den Mirador im Parque Rosevelt, laufe nochmal durch die Märkte, weil ich das so liebe. Die vom Leben sprechenden Gesichter, das nie endende Treiben in den Gassen, es fasziniert mich immer wieder aufs Neue. Hier kann ich mich hinsetzen und stundenlang das Vorbeiziehen der Menschen beobachten.

 

 

Eine neue Errungenschaft der Stadt, die es vor 3 Jahren noch nicht gab, habe ich diesmal auch ausgiebig genutzt, die Teleferica, die neue Seilbahn, die die Stadt La Paz mit der fast 1000 m höher gelegenen Schwesterstadt El Alto verbindet. Als der Talkessel von La Paz nicht mehr ausreichte, baute sich die meist ärmere Bevölkerung Stück für Stück die Berghänge hinauf bis das Hochland dahinter erreicht war. Heute dehnt sich El Alto, wie die Stadt auf der Hochebene genannt wird, über Dutzende Kilometer weit aus und beherbergt mittlerweile 1,3 Millionen Menschen, Tendenz stark wachsend. In La Paz selbst leben momentan 800000. Viele Menschen leben oben und arbeiten unten. Geschätzt pendeln täglich über 200000 Menschen in zahlreichen Bussen und Collectivos die engen Bergstraßen rauf und runter. Hier eine U-Bahn zu konstruieren wäre sehr kompliziert. Deshalb kam man auf die Idee mit der Seilbahn. Vor 3 Jahren wurde der österreichische Seilbahnspezialist Doppelmayr mit dem Bau von 3 städtischen Seilbahnlinien beauftragt. Vor einigen Monaten wurden die letzten Fertigstellungsarbeiten beendet und die Seilbahn ging in Betrieb. Pro Stunde können damit 3000 Personen transportiert werden. Alle 15 Sekunden läuft eine Gondel durch eine der zahlreichen Haltestellen. Hier werden die Gondeln ausgeklinkt, rollen mit Schrittgeschwindigkeit durch die Station, man kann bequem ein und aussteigen, dann klinkt sich die Gondel wieder ein und begibt sich auf den nächsten Abschnitt. Vor einigen Wochen hat Evo Morales der Präsident von Bolivien Doppelmayr mit einem Folgeauftrag über 6 weitere Linien im Wert von fast 500 Millionen US betraut.

 

Ich finde die grundsätzliche Idee nicht schlecht, nur sind 3000 Personen pro Stunde wegen der viel zu kleinen Kabinen (max 8 Passagiere) nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es gibt einige Stimmen in der Stadt, die gegen dieses Projekt sind. Schön für Touristen, billig, aber im Realleben zu wenig Kapazität, schlecht möglich größere Einkäufe zu transportieren, viel zu teuer für das ärmste Land Südamerikas, insgesamt wurde und wird in diesen Ausbau mit begleitender Infrastruktur fast eine Mrd. Dollar investiert, Geld, das in Augen vieler besser in andere Dinge investiert wäre, zb. in Schulbildung, Krankenhäuser, besseres Abwassersystem, Förderung in Landwirtschaft und vieles mehr. Oder eventuell ganz gespart, weil ein Großteil des investierten Geldes einfach ins Ausland geht und nicht im Land und hier im Umlauf verbleibt.

 

Als Tourist hat man natürlich von den Gondeln einen atemberaubenden Blick über die Stadt. Wenn man von El Alto oben mit der gelben Linie hinunter fährt, in die Grüne umsteigt und auf der anderen Seite wieder hinauffährt, bekommt man für umgerechnet einen Dollar 34 Minuten –Seilbahnfahrt als Gegenleistung. Zum Vergleich, Ich bin vor Jahren mal mit der Seilbahn in der Schweiz auf dem kleinen Matterhorn gewesen, diese Fahrt hat mich über 70 Euro gekostet.

 

Ich habe dann von noch einem Problem gehört, das sich durch die Seilbahn entwickelt. Nicht nur Touristen haben einen guten Blick darauf, was sich unter ihnen so abspielt, auch potentielle Einbrecher nutzen die Bahn, fotografieren von oben für sie interessante Objekte und haben es später leichter einzubrechen. Es soll mittlerweile eine Zunahme von Einbrüchen unter bzw. neben den Seilbahnen zu registrieren sein.

 

 

2 Wochen bin ich nun in der Großstadt, Es gefällt mir hier wirklich sehr gut, auch weil die Stadt einigermaßen sauber ist – im Vergleich zu anderen Großstädten. Und ich habe mich auch einigermaßen sicher gefühlt. Mag sein das es auch daran liegt, das es hier nicht so extrem schmuddelige Favelas –Armenviertel gibt wie in anderen Großstädten. Keine Karton und Wellblechbuden, Alle leben in Ziegelbauten. Daran mag auch das kalte, nasse Klima seinen Anteil haben, aber es war auffallend.

 

Nichtsdestotrotz ist aber die Zeit gekommen für einen Aufbruch. Und Tapetenwechsel. Dieser lässt sich hier sehr leicht vollziehen, da gleich hinter La Paz die Anden steil ins Tiefland abfallen und die Tapete wird grüner. Vom La Cumbre Pass auf 4650 m Seehöhe führt die Straße innerhalb 60 km hinunter nach Coroico auf ca. 1200 bis 1400 m. Man durchfährt alle Klimazonen von Eis, karger Landschaft, Nebelwald, Farne, Wälder. Es wird tropisch, immer wieder flankiert von Wasserfällen.

 

Für die Abfahrt wähle ich die in 12 Jahren neugebaute, asphaltierte Straße, die easy zu befahren ist, obwohl in der Regenzeit auch hier so mancher Erdrutsch das Weiterkommen verzögern kann. Nach dieser Abfahrt durch den Ost Hang der Yungas erreiche ich Corroico, einem kleinen Ort umgeben von Coca-Zitrus-Bananen- und Kaffeeplantagen. Sehr ansprechende Landschaften, die zum Verweilen einladen. Ich bekam von einem Reisenden den Tipp ins Hostal Sol y Luna zu fahren, etwas außerhalb und oberhalb von Corroico. Der Tipp war gut, hier ist Camping möglich, allerdings können hier keine großen Fahrzeuge zufahren. Eng und Steil. Parkplatz gibt es auch nicht viel. Aber ist man erst mal hier, kann man alles um sich vergessen, genießen und die Seele baumeln lassen. Das Hostal oder besser gesagt die Gebäude und Hütten des Hostals verteilen sich in einem riesigen Areal, das von Wald bis Garten alles zu bieten hat. 2 Pools, Aussichtspunkte und Restaurant. Die Gärten in der Anlage könnten es in der Menge und Vielfalt der Pflanzen und Blumen locker mit jeder Gartenausstellung aufnehmen. Ich verbringe fast einen ganzen Tag nur mit fotografieren. Aber dazwischen bietet der Swimmingpool Erfrischung und Abkühlung. Nachmittags steigt die Temperatur auf 30 Grad und die Luftfeuchtigkeit ist knapp am Maximum. Nach einem Monat Altiplano mal wieder ganz anders. Nach 2 Tagen breche ich schweren Herzens wieder auf, hinauf in den Altiplano.

 

Ich könne hier noch 2 Wochen verbringen, aber ich möchte meine Akklimatisierung nicht verlieren, da meine weiteren Hauptreiseziele weiterhin im Altiplano liegen.

 

 

Jetzt geht’s ans Eingemachte! Vor mir steigt die Ruta del Muerte – die Todestraße die Yungas hinauf.

 

Ich befinde mich in Yolosa auf knapp1200 m Seehöhe. Hier befindet sich der tiefste Punkt der Todesstraße. Praktisch Startpunkt zu einer der gefährlichsten und abenteuerlichsten Straße in Südamerika. Zumindest liest man das überall und auch die allseits bekannten Fernsehberichte ziehen in diese Richtung. Aber heute ist es anders. Seit die neue Straße fertiggestellt ist, wird die alte Straße fast nicht mehr befahren. Täglich stürzen sich die Mountainbike Touren den Berg hinunter, welche auch einen gewissen Risikofaktor besitzen. Adrenalin pur, speziell für die meisten unerfahrenen Mountainbike Fahrer, die, wie ich selber gesehen habe, teilweise sehr unsicher und nervös im Sattel sitzen. Unfälle vorprogrammiert. Mittlerweile hat man an einigen Stellen sogar Leitplanken deswegen installiert.

 

Die Gefährlichkeit der Straße resultierte früher aus den Faktoren LKW Verkehr, plötzlicher Wetterumschwung mit Nebel und Regen. Die Straße selbst ist hauptsächlich einspurig, engste Stellen in Kurven knapp 3 Meter, bietet ausreichend Ausweichmöglichkeiten, hat keine fahrtechnisch schwierigen Stellen und ist auch nicht sehr steil. Bei gutem Wetter alles Easy.

 

Früher, mit Verkehr musste viel rangiert werden, aufgrund der steil abfallenden Straßenkanten wurde Linksverkehr eingeführt, somit befindet sich die Fahrerseite außen. Bei Ausweichmanövern kann er deshalb die Position des Rades zur Kante besser einsehen. Wegen dieser Regeln ist es angenehmer die Straße bergauf zu befahren. Die Bremsen werden nicht beansprucht und der bergabfahrende Verkehr muss ausweichen bzw. gegebenenfalls zurücksetzen bis zur nächsten Ausweichbucht. Oder wenn in der Regenzeit ein Erdrutsch abging, wenn man da drunter kam …… Vor Fertigstellung der neuen Straße verunglückten im Schnitt 2 Fahrzeuge pro Monat und 2 – 300 Personen pro Jahr tödlich. Zahlreiche Kreuze am Straßenrand markieren die Unfallstellen.

 

Früher gab es auch keine Leitplanken, bei Regen konnten die Straßen durch Lehm rutschig werden. Wenn dann in der Dämmerung oder nachts bei Nebel und Regen ausgewichen werden musste, einige Kurven zurückgesetzt werden, da war ein Absturz schnell passiert. Da man heute fast alleine unterwegs ist, ist, wenn die Wetterbedingungen passen, die Straße unproblematisch zu befahren. Der Mythos ist Vergangenheit. Trotzdem ist die Straße sehr reizvoll. Wie sich die Straße um die Berghänge windet, die Wasserfälle, die oft genug direkt auf die Straße prasseln, Felsen, Überhänge.

 

Teilweise speziell so in der Höhe um 3000 Meter, wenn die Strecke durch den Nebelwald führt, mit den Farnen und großblättrigen Pflanzen, erinnerte mich die Straße ein bisschen an die Carretera Austral in Chile.

 

Da der obere Streckenabschnitt als Teil der neuen Straße mittlerweile asphaltiert ist, bleiben vom Einstieg bis Yolosa nur mehr knapp 34 km der Originalstrecke übrig. Leider. Fahrt langsam, genießt es, denn die 34 Km sind schnell vorbei!

 

Nach 5 gemütlichen Fahr- und Fotostunden erreiche in wieder den La Cumbre, die Passhöhe. Von hier steuere ich direkt mein neues Ziel an ohne nach La Paz zurückzukehren. Bei dem kleinen See oben kann man rechts abbiegen auf eine kleine, sehr schlaglochreiche Piste, die aber später besser wird, hinüber Richtung Huayna Potosi.

 

 

Nach 2 stündiger holpriger Fahrt, aber durch nette Landschaft taucht der Huyana Potosi vor mir auf. Er wirkt majestätisch, wie er so da steht, so wuchtig, eisbedeckt, 6088 m hoch.

 

Bald erreiche ich den Abzweiger nach Chacaltaya. Auf diesem Nachbarberg des Huyana Potosi befand sich früher ein Gletscher auf über 5000 m und war das höchstgelegene Ski Gebiet der Welt. Der Gletscher ist in den letzten Jahren fast auf Null geschmolzen, der Liftbetrieb eingestellt. Oben auf der Zufahrtstraße befindet sich eine Berghütte des Club Andino Bolivia, leider mittlerweile auch geschlossen. Diese Hütte wurde einst vom österreichischen Alpenverein gebaut und betrieben.

 

Da sich dort oben auch ein Institut für astronomische Messungen befindet ist die Zufahrtstraße gut gewartet und kein Problem zu befahren. Der Endpunkt und zugleich Standort der Hütte befindet sich auf knapp 5300 m Höhe. Neuer Rekord für den Landy. Die Serpentinen winden sich eng hinauf, vorbei an einigen kleinen Seen, nach jeder 2. Kehre hat man bei klarem Wetter einen Blick bis nach La Paz und sieht hier erst recht, wie riesig sich die Stadt mittlerweile auf dem Altiplano ausbreitet. Oben angekommen besteige ich in 30 Minuten den Gipfel auf 5431 höhe. – Sowas gibt es nur hier in den Anden. Mal schnell hinauffahren, kleiner Fußmarsch und schon ist man auf einem Gipfel, der knapp 600 Höhenmeter über dem Mount Blanc liegt. Vom Gipfel in die nördliche Richtung geschaut, erblickt man sogar den Lago Tititaka. Das Wasser glänzt im Sonnenuntergang.

 

Spät aber doch erreiche ich schließlich das Refugio Huayna Potosi. Vorher hielt noch ein Polizeibeamter an der Kontrollstelle seine Hand auf für 5 Bolivianos für Cocablätter, da die Nächte hier so kalt sind. Ich hatte Verständnis und gab sie ihm gerne. Meine Nacht verlief auch sehr kalt und am Morgen war mein Auto mit Schnee überzuckert.

 

 

Nach Frühstück und Morgentoilette musste ich 5 Minuten orgeln bevor der Landy endlich mit einer tiefschwarzen Rußwolke ansprang. Das Wetter war schlecht und kein Blick auf den Huyana Potosi zu erhaschen. So beschloss ich, erst mal durch das Zongo Tal ein Stück hinunter zu fahren.

 

Das Refugio befindet sich auf knapp 4700 m, es war eine sehr hohe Schlafhöhe, deshalb bin ich nur 2 Tage in Corroico geblieben. Meine Nacht verlief trotzdem einwandfrei, keinerlei Kopfschmerzen, nichts. Denn normal ist es nicht so ohne, von 1200 m an einem Tag hinauf auf 5431 zu fahren, um gleich darauf auf 4700 zu schlafen.

 

Zurück zum Zongo Tal. Nach dem Stausee windet sich die Straße erst mal einige hundert Höhenmeter in engen Serpentinen hinunter in ein fast kahles Tal. Doch schnell ändert sich die Landschaft, saftige Wiesen, die ersten längeren Gräser und Blumen sprießen, die sich die Lamas und Alpakas genüsslich schmecken lassen. Immer entlang des Gletscherbaches geht es weiter. Klare Seen folgen, bevölkert von vielen Forellen. Immer wieder Wasserfälle an den steilen Berghängen und weitere Bäche aus den Seitentälern lassen den Gletscherbach Stück für Stück zu einem Gletscherfluss anschwellen. Innerhalb 35 Km fahre hinunter nach Zongo bis auf 1700 m. In dem vielen Wasser und der Steilheit steckt viel Energie. Die auch genutzt wird. Mindestens 15 kleine und mittlere Fluss Kraftwerke zähle ich, meist so zwischen 7 und 20 MW Leistung. Die wenigen Dörfer im Tal bestehen fast ausschließlich aus Mitarbeitern der Elektrizitätswerke und deren Familien. Dieses Tal ist spektakulärer und schöner als das Tal mit der Todesstraße. Einziger Wehmutstropfen sind die Strommasten, die die hier produzierte Elektrizität nach La Paz transportieren. Sie stören das Bild einer intakten Natur. Und die hätten wir hier ohne die Stromwerke. Leider ist Strom notwendig und Wasserkraft ist nach wie vor besser als Strom aus Kohle.

 

Dadurch, dass hier innerhalb kürzester Distanz 3000 Höhenmeter bergab gefahren werden, durchschneidet man 7 Vegetationszonen. Hier sind Bären und Raubkatzen heimisch, zb. Luchse, viele Schlangen, darunter giftige Vipern. Auch sollte man nicht alle Pflanzen berühren, hier wachsen einige giftige Arten. Unten ist alles mit tropischem Wald überwuchert, dreht man sich um erblickt man ganz oben die kalten, unbewachsenen Steilhänge. Welch ein Kontrast. Und immer das rauschende Wasser in Sicht- und Hörweite.

 

Beim Hinauffahren hält mich ein Professor einer Schule auf und fragt ob ich ihn mitnehmen kann, der Bus ist nicht gekommen. Er sieht sympathisch aus und ich willige ein. Bis zum Refugio kann ich ihn mitnehmen, da ich dort nochmal übernachten möchte. Bis wir oben sind vergeht die Zeit wie im Fluge, er hat viel zu erzählen, 65 Jahre alt, 3 Jahre muss er noch, auf 50 Schüler der Stromwerk-Arbeiter kommen 9 Professoren. Er erzählt vom Alltag der Schule und erzählt stolz von Bolivien. Von einer guten Zukunft, da die Wirtschaft der letzten Jahre gut bergaufging. Er lebt eigentlich in La Paz, pendelt am Montag hierher in die Schule und am Freitag zurück.

 

Oben angekommen, hat sich das Wetter leider noch nicht gebessert und so steige ich bei Nebel die 200 hm hinauf zum Gletscher des Huyana Potosi. Ich schaue ein paar Bergsteigern zu, die mit ihren Guides ein wenig Eisklettern üben, um Morgen auf den Gipfel zu steigen. Für mich ist hier Schluss, für den Gipfel habe ich nicht genug Kondition und auch mein Schuhwerk ist mit Birkenstock`s nicht geeignet für den Gipfelsturm. So drehe ich wieder um und verbringe noch eine kalte Nacht.

 

Bei der Ausfahrt aus dem Tal besuche ich noch einen interessanten alten Friedhof, dann mache ich mich auf zum Lago Tititaca

 

 

Nach einer eintönigen Fahrt über den Altiplano ergeben sich bei Batallas die ersten zaghaften Blicke auf den gewaltigen See. Schnell werden diese besser und die Landschaft freundlicher.

 

Durch eine Halbinsel wird ein Teil des Sees fast vom Hauptsee abgetrennt, zwischen den Orten San Pablo de Tiquina und San Pedro de Tiquina verbleibt nur noch ein wenige hundert Meter breiter Kanal. Dieser ist mangels einer Brücke etwas abenteuerlich auf Fähren zu überqueren.

 

Da meine Freunde Stefan und Petra mit Ihrem 6x6 MAN CAT einige Zeit vor mir ebenfalls so eine Fähre genommen haben und nicht untergegangen sind, denke ich, wird mein Landrover auch kein Problem sein. Leicht gedacht, denn ich muss mit einem Autobus zusammen auf die kleine Nussschale. Kaum mit der Hinterachse auf dem Boot, geht es schon los. Mit einem Außenborder, der eher auf ein kleines Schlauchboot gehören würde, tuckern wir gemächlich über den Kanal.

 

Die nächsten Kilometer der Halbinsel sind so schmal, das ich teilweise auf beiden Seiten links und rechts der Straße Blick auf den See habe. Spektakulär.

 

Bald ist Copacabana erreicht, ein wichtiger Wahlfahrtsort am Lago Tititaca, 5000 Einwohner, der bei den 3 bedeutenden Festen jedes Jahr (Fiesta Virgen de la Candelaria in der ersten Februarwoche, der Osterwoche und die Fiesta de la Virgen de Copacabana am 4./5. August aus allen Nähten platzt.

 

Copacabana ist auch der Namensgeber des berühmten Strandes in Rio de Janeiro. Der Ort liegt idyllisch am Rande des gewaltigen Sees auf 3812 m Höhe, im Hintergrund eingerahmt von grünen Hügeln und kleinen Bergen. Zum Sonnenuntergang erklimme ich noch den 4018 m hohen Cerro Calvario, von welchem man einen Traum-Blick über den See hat.

 

Tags darauf besuche ich die Kirche im maurischen Stil. Hier werden auch regelmäßig Fahrzeugsegnungen durchgeführt. Leider fand während meines Aufenthalts keine statt.

 

Der Ort ist touristisch, aber nett. Im Vergleich zu Uyuni, wo ich hauptsächlich auf koreanische und japanische Touristen traf, La Paz, wo mir viele Franzosen über den Weg liefen, begegneten mir in Copacabana überdurchschnittlich viele Deutsche. Mit einigen davon verbrachte ich die nächsten Tage. Ausflug auf die Isla del Sol und Forellenessen. Die waren immer Lecker. Ich aß 6 Tage hintereinander 2 Mal am Tag Forelle.

 

 

Die Isla del Sol – früher Titicachi genannt (davon leitet der See auch seinen Namen ab) ist eine heilige Insel. Nach einer Inka Legende war die Isla del Sol Geburtsort des Schöpfergottes Wiracocha und des ersten Inca Manco Capac und seiner Familie. Damit wurde für die Quechua und Aymara sowohl die Insel als auch der Titicacasee heilig. Letztlich soll die Insel Geburtsort des Inka Imperiums sein.

 

Die Bootsfahrt am Morgen nach Cha`llapampa auf der Nordseite der Insel dauert 3,5 Stunden, vorbei an Yumani im Süden, steilen Felshängen die von künstlich angelegten Terrassen gesäumt sind. Vom Wasser aus wirkt die Insel nicht spektakulär. Das soll sich aber noch ändern.

 

Den Nordteil der Insel erkunden wir –(Ich und die anderen Passagiere) mit Führer. Wir treffen ihn im Hafen von Cha`llampampa und zuerst führt uns der Weg in ein kleines Museum. Anschließend überqueren wir den Strand, an dem sich ein paar Camper und Aussteiger aufhalten und steigen langsam einen steilen Pfand hoch, der Kurve um Kurve neue noch spektakulärere Ausblicke bietet. Unser Führer erklärt uns viel über die Insel, auf der auch viel Landwirtschaft betrieben wird, wie auch in den umliegenden Gebieten des Sees. Trotz dieser Höhe herrscht durch den großen See ein Mikroklima, das allerlei Pflanzen sehr gut gedeihen lässt.

 

Auf der Insel leben heute 2000 Menschen, die hier zum Teil nach eigenen Gesetzen autark leben. Es gibt keine Polizei hier und auch keinen Anwalt. Bei Problemen wird ein von der Bevölkerung gewählter Schlichter gerufen.

 

Dieser hilft auch bei der Einteilung wann was wo angebaut wird. Die Felder und Terrassen sind in 7 Bereiche geteilt für 7 Grundarten von Gemüse. Diese werden dann im Jahres Rhythmus reihum angebaut. 1. Jahr Kartoffel, 2. Jahr Mais, dann Bohnen, Gerste, Quinoa, kleingemüse und Kräuter. Nach 7 Jahren von vorne.

 

Die Region um den Titicacasee wird als das Ursprungsgebiet des Kartoffelanbaus gesehen. Die Terrassen wurden von den Inkas angelegt. 10.000de um den ganzen See.

 

Der Lago Tititaca ist fast 8300 km2 groß, ca. 13,5-mal der Bodensee und ist der 17. größte See der Welt. Zugleich der am höchsten schiffbare See der Welt mit 3810 m. 170 km lang, knapp 70 km breit, 320 m tief. Hier in Bolivien ist die Wasserqualität gut, es leben 16 Fischarten im See, davon 4 gezüchtete. Darunter Forellen. Es gibt auch Wasserpflanzen, Wassergras und Algen die verwendet werden. In Peru, speziell im Gebiet von Puno laufen die Abwässer nach wie vor ungeklärt in den See, dazu Chemikalien von Minen, hier ist der See sehr schmutzig und stark belastet.

 

Die Isla del Sol ist 14,3 km2 groß und einen Kilometer vom Festland entfernt. Die Wanderung führt uns ca. 2,5 Km in den Norden. Hier besuchen wir die Ruinen von Chincana und den Piedra Sagrada, den heiligen Fels. Von ihm soll eine besondere Kraft ausgehen. In den Ruinen entspringt eine heilige Quelle, dessen Wasser wir trinken und uns auf den Kopf träufeln. Leider spüre ich keinen Kraftzuwachs. Nach den Ruinen verabschieden wir unseren Guide und wandern über einen reizvollen Weg, der sich oben am Kamm der Hügel entlangzieht, bis zu einer maximalen Höhe von 265m über dem See, die 9,6 km zurück in den Süden. Ich bin froh, diese Wanderung bei solch einem traumhaftem Wetter genießen zu können, es war eine der schönsten in der letzten Zeit. Es gibt auf der Insel einige kleine nette Unterkünfte und auch eine kleine Infrastruktur für Leute die hier längere Zeit verbringen möchten. Abends bin ich müde aber glücklich zurück in Copacabana.

 

 

Die Grenze von Bolivien nach Peru befindet sich in Kasani, 8 km von Copacabana, und war eine der Leichtesten und Schnellsten auf meiner ganzen Reise. Nach 15 Minuten habe ich in beiden Kontrollstellen die Formalitäten erledigt. Bolivien liegt hinter mir, mit ein bisschen Wehmut im Bauch, denn Bolivien war ein Highlight auf meiner Reise. Kultur, Farbenpracht, Landschaften, einmalig. Auch waren alle Bolivianer, die ich getroffen habe, trotz aller Distanziertheit und Verschlossenheit sehr freundlich und hilfsbereit. Durch die Regenzeit habe ich das Tiefland im Großen und Ganzen sausen lassen. Laut Auskunft Einheimischer war der Regen heuer besonders stark und hat viel zerstört sowie viele Straßen blockiert und unpassierbar gemacht. Auch wollte ich meine bis dato gewonnene Akklimatisierung nicht abbauen. Interessant wäre es sicher geworden, aber in den nördlichen Ländern die folgen, wird noch genug Dschungel auf mich warten.

 

Erst mal aber geht’s weiter nach Puno in Peru im Norden des Lago Tititacas. Die Fahrt ist trist und öde, es regnet in Strömen. Puno ist eine große Stadt, und soll bekannt sein für Kleinkriminalität und Autoaufbrüche. So parke ich im Hotel Posadas del Inca, 1,5 km vom Stadtzentrum mit Seeblick. Nett aber nicht so ganz billig. Die Stadt bietet nicht viel Interessantes, da bleiben die Plaza mit der Kathedrale und der Markt. Aber Puno ist der Ausgangspunkt zu den Schilfinseln der Uros.

 

Ich kaufe mir ein Ticket und lasse mich auf dem Oberdeck des Ausflugbootes nieder. Die Fahrt führt durch ausgedehnte Schilfflächen hinaus zu den Inseln, die ca. 5 Km von Puno entfernt im See liegen.

 

Es sind 87 Inseln, die maximal von jeweils 6 Familien bewohnt werden. Es sind heute Nachfahren der Uros, die originalen und echten Uros sind längst ausgestorben. Im Gegensatz zu früher leben und arbeiten die meisten der Inselbewohner heute hauptsächlich in Puno und fahren nur unter Tags wegen der Touristen auf die Inseln. Ich war zuerst etwas skeptisch, da ich ja überall gelesen hatte von der extremen touristischen Seite dieser Inseln. Ich hatte etwas Museumhaftes und menschliche zur Schaustellung erwartet, so wie ich es bei den Langhalsfrauen im Norden von Thailand an der burmesischen Grenze kennengelernt hatte. Dort saßen die Frauen mit ihren Trachten und langen Halsringen vor ihren Hütten wie in einem lebenden Museum, oder besser gesagt Ghetto oder Zoo, da sie dort festsaßen ohne große Unterstützung der thailändischen Regierung und ließen sich von den Touristen begaffen und fotografieren. Ich habe mich damals dort sehr unwohl gefühlt.

 

Als wir dann an einer dieser Inseln festmachten wurden schnell die mit Plastikfolie abgedeckten Souvenir Stände freigelegt, der Inselvorstand erzählte uns in exakt 4 Minuten etwas zum Aufbau der Inseln und das Leben. Anschließend 20 Minuten Verkauf von Souvenirs, von dem man im Großen und Ganzen nicht sicher sein konnte, das es auch von hier stammt. Die Inseln sind klein und die Ränder weich, man hat keine Bewegungsfreiheit. Die „Bewohner“ dieser Inseln empfingen uns auch nicht in traditionellen Gewänder, was man, wenn man von der extremen touristischen Aufmachung, von der man überall liest, erwarten könnte, nein, sie sind ganz normal angezogen, Turnschuhe, gefälschte The North Face Jacke und Schlapphut. Wenn man nichts kaufte, ließ die Stimmung sofort nach. Nach der Verkaufsschlacht wurden wir mit dem „Mercedes“ so nannten sie das Schilfboot, in 5 Minuten auf die Hauptinsel des Verbundes gefahren, angeschoben von hinten von einem kleinen Motorboot.

 

Die Hauptinsel bestand aus 2 Restaurants und – richtig einigen Verkaufsständen. Da man ja nirgends hin kann – bleibt – wenn man nicht am Einkaufen interessiert ist – nur der Besuch des Restaurants, zu dem man sowieso genötigt wird. Zumindest waren die angebotenen Gerichte lecker. Wiederum hauptsächlich Forellen die hinter den Hüten im Stahlnetz schwammen. Anschließend begaben wir uns zurück aufs Schiff und wurden nach Puno zurückgefahren. Gesamtdauer 2,5 Stunden.

 

Ich weiß nicht ob ich nur eine schlechte Tour erwischt habe oder ob das generell mittlerweile eine reine Kaffee-Verkaufsfahrt geworden ist, mich würde mehr Information über das wirkliche Leben interessieren, ein Einblick , wie hier genau gearbeitet wird, die Herstellung der Boote oder der Dinge des täglichen Lebens, davon kommt nicht mal am Rande etwas vor, das hat mich enttäuscht. Uns wurde im Schnellverfahren erklärt, das alle 2 Wochen eine neue Lage Schilf auf der Insel verteilt werden muss, immer 90 Grad versetzt, damit es im Laufe der Zeit stabil wird. Das ältere Schilf beginnt im Wasser zu verfaulen und sinkt etwas ab. Gesamt ist die Insel ca. 3 m dick, die unteren 2 m sind im Großen und Ganzen zu einer Art Torf umgewandelt. Das Totora Schilf wird in etwa 15 mm dick und 3 m lang und ist durch die großen Hohlräume extrem schwimmfähig. Deshalb werden auch Boote daraus gebaut. Die Inseln sind weich und bewegen sich, es ist fast wie wenn man über ein Wasserbett laufen würde. Darauf stehen jeweils 6 Hütten, früher komplett aus Stroh gebaut, heute teilweise aus Wellblech. Speziell auf den Touristeninseln sieht das halt nicht sehr gut aus. Die meisten Hütten die ich gesehen habe waren leer, eigentlich nur Lagerräume für Souvenirs. Auf unserer Touristeninsel lag nur in einer Hütte eine Matratze und war etwas präpariert, das lag meiner Meinung aber eher an dem Baby, das während des Tages irgendwo rasten muss.

 

Außer auf den Touristen Inseln sieht man fast keine weiteren Bewohner, es findet hier kein Leben statt, verglichen mit den schwimmenden Dörfern am Mekong und Tonle Sap in Asien, die ich besucht hatte. Die überbordendes Leben zeigten (auch wenig Tourismus), reger Bootsverkehr, Fischer die mit ihrem Fang zurückkommen, Frauen die dasitzen und den Fang sortieren und zerlegen, Boote die als kleine Geschäfte von Haus zu Haus fahren und die Dinge des täglichen Lebens feilbieten, Küchen in denen aktiv gekocht und gegessen wurde, der Herd der noch raucht, nichts von alledem hier. Hier steht nur zur Zierde ein Kochgefäß auf der Feuerstelle als Anschauung für die Touristen, sonst nichts.

 

Und Apropos Fischer, mir ist aufgefallen, das zwar in jedem Dorf und jeder Stadt am Tititacasee Forelle, Forelle und nochmals Forelle angeboten und verkauft wird, aber man sieht so gut wie keine Fischerboote, weder auf dem Wasser noch irgendwo an einem Pier, wo der Fang ausgeladen wird. Was bei den angebotenen Fischmengen normal schon auffallen müsste. Wird hier noch gefangen oder ist auch hier alles Aquakultur?

 

Ich bin anschließend noch durch den Markt spaziert, der in Puno riesig ist, sich über Km und mehrere Straßen hinzieht, wo landwirtschaftliche Produkte teilweise direkt ab LKW verkauft werden, alles vorhanden ist, von Fleisch, Geflügel, Gemüse, Käse, Oliven, Kleidung, Haushaltsartikel, Dvd´s und vieles mehr, wo jeder kommt und verkauft, auch wenn es nur ein Sackerl Tomaten sind, die eine alte Frau auf einer kleinen Decke ausgebreitet hat, aber Fischverkauf sieht man fast nichts. Wenn hier Fischer auf dem See unterwegs sind, dann müsste doch auch hier einige oder mehrere herumsitzen mit einigen Forellen im Kübel. Wär zumindest für mich logisch.

 

Es gibt ein paar dieser Schilfinseln auch in Bolivien, in der Nähe von Huatajata. Ich habe das leider zu spät registriert, mir hat aber ein Reisender, der diese Inseln besucht hat, erzählt, dort würde man viel mehr über das Leben und die Herstellung der Schilfinseln und Boote erfahren. Tipp als Alternative.

 

Mich hat zum Abschluss in Puno nochmal kräftig nach Fleisch gelüstet, Alpaka vom feinsten mit Quinoa-Risotto stand in der Speisekarte. Da ließ ich mich nicht 2-mal bitten. Im Hotel habe ich dann noch eine Gruppe Norweger und Holländer getroffen die mit Renault 4 von Ushuaia nach Kolumbien unterwegs sind / waren. Nur 6 Wochen haben sie für den Trip. Tja, die werden wohl nur Straße sehen auf ihrer Reise.

 

 

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